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Gedanken zur Aporie von Bild und Klang

On the basis of Friedrich Nietzsche’s opposition between two fundamental principles of art – the imagistic and the non-imagistic – this essay investigates the question to what extent the discourse on the theory of the image is capable of reflecting on music. While the theoretical spectrum of the iconic turn offers a fruitful reorientation for the aesthetic theory of music, music contributes in a decisive way to the theoretical foundation of iconic thought. For this reason, music as a whole can be understood as  a mode of iconic critique. Utilizing Theodor W. Adorno’s aporetic concept of the «imageless image», the final section of this essay proposes a conception of the imaginative quality of music as testimony.

Musik unbildlich

«Wir werden viel für die aesthetische Wissenschaft gewonnen haben, wenn wir nicht nur zur logischen Einsicht, sondern zur unmittelbaren Sicherheit der Anschauung gekommen sind, dass die Fortentwickelung der Kunst an die Duplicität des Apollinischen und des Dionysischen gebunden ist [...].» [1] Mit diesen bekannten Worten beginnt Friedrich Nietzsches Haupttext der Geburt der Tragödie. Bekannt ist auch die Begriffsopposition Apollinisch und Dionysisch als Opposition zweier eng miteinander verknüpfter, dennoch stets im Konflikt stehender Triebkräfte der Kunst: Traumwelt, Traumerfahrung und Traumbilder versus Rauschzustand, Regung und Fest [2], das sonnenhafte Auge des schönen Scheins, das principium individuationis gegen die Selbstvergessenheit und die real versöhnte Natur und schliesslich: die reine poetische Idee gegenüber dem irdischen Zauber des Tanzes. [3]

Dabei ist die mediale Zuordnung, die Nietzsche in Bezug auf die konkreten Künste in diesem frühen Text vornimmt, für die Problematisierung und für die Diskussion musikalischer Sachverhalte innerhalb eines bildkritischen Diskurses besonders relevant: «An ihre beiden Kunstgottheiten, Apollo und Dionysus, knüpft sich unsere Erkenntnis, dass in der griechischen Welt ein ungeheurer Gegensatz, nach Ursprung und Zielen, zwischen der Kunst des Bildners, der apollinischen, und der unbildlichen Kunst der Musik, als der des Dionysus, besteht [...].» [4]

Falsch wäre, den Gegensatz zwischen dem apollinischen und dem dionysischen Prinzip als Opposition von Rationalität und Irrationalität, als auswegslose Antithese von Vernunft und Sinnlichkeit zu deuten:

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