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Peter Zumthor, Therme Vals, Zürich: Scheidegger & Spiess 2007, S. 39.

 

T.H.: Aber wie würden Sie es sich erklären, dass oftmals die Vorstellung überwiegt, in der Zeichnung liege der Nukleus des architektonischen Entwurfs, die «invenzione», die Idee?

P.Z.: Ich weiss nicht, wo das herkommt. Ich habe noch niemanden gehört, der gesagt hat, in der Partitur von Mozart steckt das Kunstwerk. Alle sagen die Musik ist das Kunstwerk, nicht die Notenschrift.

T.H.: Sie sprechen damit indirekt ein weiteres Projekt unseres Instituts an, bei dem das Wechselverhältnis von Musik, Schriftbildlichkeit und Notation im Mittelpunkt steht – etwa in der New York School bei Komponisten wie John Cage, Earle Brown oder Morton Feldman. Im Bildband zu der Therme Vals gibt es eine interessante Gegenüberstellung von Modellen, Zeichnungen und einer graphischen Partitur von John Cage [4].  Was hat Sie an diesen graphischen Notationen von Cage interessiert?

P.Z.: Das ist relativ unbedeutend – und bedeutend... Bei der konzentrierten Arbeit kommt es einfach dazu, dass man durch Fokussierung bestimmte Dinge sieht und entdeckt. Das können aber auch Artikel in der Zeitung sein.

T.H.: Ich würde nun gern einen völlig anderen Bezug zwischen Architektur und Bild in den Mittelpunkt unseres Gesprächs rücken. Sie haben mit dem Kunsthaus in Bregenz einen eindrucksvollen Museumsbau entworfen. In einem Museum kann mitunter jede räumliche Wand zur Hängungswand werden. Das Museum muss mit dem Bildobjekt rechnen. Hat diese räumliche Interaktion von Bildobjekt und Raum Ihre Architektur in Bregenz beeinflusst?

P.Z.: Ich denke immer an die Dinge, die später in dem jeweiligen Gebäude vorkommen. Es gibt einen «Essence of place» und dazu gehören auch die Dinge. Das Kunsthaus Bregenz ist aber kein Sammlungsgebäude, sondern ein Gebäude für zeitgenössische Kunst, die ständig wechselt. Dass ich die zeitgenössische Kunst der 1970er und 80er liebe, das merken Künstler wie Richard Serra dem Gebäude an. Sie wollen alle dort ausstellen.

T.H.: Wollen Sie Räume schaffen, die für die Kunst eine Öffnung zur Entfaltung bieten, vielleicht sogar dem Besucher eine «kontemplative» Erfahrung ermöglichen? Ich denke hierbei auch an die Feldkapelle Bruder Klaus oder die Kapelle Sogn Benedetg.

P.Z.: Ich hab auch eine schöne Bar gemacht...

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