Sie beginnen die Geschichte in einem geschlossenen System – relativ positivistisch – nachzuerzählen. Die Geschichte die mich interessiert, ist die Geschichte, die in den Dingen, im Ort und in der Erde gespeichert ist; daher in Berlin die Auseinandersetzung mit den Narrativhistorikern. Der sinnliche, direkte Zugang zu den Dingen hat die nicht interessiert. Das waren natürlich Welten.
T.H.: Es gibt auch ein bildliches Denkmodell, das von Walter Benjamin ausgeht: das «dialektische Bild» aus dem Passagenwerk. Das dialektische Bild ist in der Lage zu erinnern, ohne zu imitieren, bringt Dinge wieder neu ins Spiel und bleibt gleichzeitig kritisch [5]. Benjamin spricht davon, dass das Gewesene mit dem Jetzt blitzhaft in einer Konstellation zusammentritt.
P.Z.: Das habe ich nie gelesen. Aber es gibt starke biographische Wahrheiten zwischen Geschichte und Denken, die stärker sind als akademische Narrative. Geschichte ist präsent in der Biographie und in der Architektur. In meiner Ausbildung an der Kunstgewerbeschule wurden wir in der Tradition der Moderne erzogen. Da kam die Geschichte nicht vor – oder nur als Feindbild. Das schönste an der Zeit der Postmoderne war, dass Leute wie Aldo Rossi die Architekturgeschichte als biographische Idee, nicht als Rückgriff auf alte Formen, sondern als historisches, kulturelles Denken wieder eingeführt haben.
T.H.: Wie steht es heute. Gibt es jüngere Architekten, die sie faszinieren?
P.Z.: Es gibt in Ihrer Generation viel Talent. Ich schaue mir aber nicht sehr viel an, was Kollegen machen. Es ist für mich besser, wenn ich andere Gebiete der schöpferischen Prozesse und des Machens sehe – in der Literatur und in der Musik. Vermutlich weil ich nicht abwehren muss. Es ist dann keine Konkurrenzsituation, die meine Gedanken einfärbt. Das kenne ich auch von anderen Künstlern, die kaum andere Werke anschauen, um besser bei sich zu bleiben.
T.H.: Vor einiger Zeit war der Komponist Helmut Lachenmann Gast bei «eikones». [6] Lachenmann hat einmal eindrücklich beschrieben, dass für ihn das Entscheidende an musikalischen Prozessen und am Komponieren nicht die eigentliche Aufführung im Konzertsaal darstellt, sondern vielmehr die Probe. Wichtiger als die Interpretation ist die Erarbeitung eines Stückes, das Eindringen in die Strukturen, Zusammenhänge und Klänge [7]. Dieses ästhetische Konzept, dass die Probe bedeutender sei als die Aufführung scheint schwerlich auf die Architektur und ihren Gebrauchszusammenhang übertragbar – oder ist für Sie der «work in progress», das Entwerfen mit Bildern und Materialien auch wichtiger als das eigentliche fertige Gebäude?