>>
 

«Der Anfang. Aporien der Bildkritik»? In einer Erstausgabe die Unwegsamkeiten, ja die Weglosigkeiten (gr. ἀπορία, Mangel an Wegen, Unwegsamkeit; übertr. Ratlosigkeit) zum Thema zu machen, das wird manchem seltsam erscheinen, merkwürdig kompliziert. Warum die Schwierigkeiten an den Anfang stellen? Warum anfangen mit dem, was sich nicht lösen lässt, was das Scheitern in sich trägt? Ist die Bildkritik schon am Anfang an ihrem Ende?

Das Unternehmen der Bildkritik steht am Anfang. Es ist ein interdisziplinär angelegtes Projekt und somit Teil einer Bewegung, die sich in den letzten Jahren zunehmend bemüht hat, die disziplinären Grenzen der Geisteswissenschaften zu sprengen, in einen disziplinübergreifenden Dialog zu treten – ganz unterschiedliche Fragen betreffend.

Doch darüber hinaus ist die Bildkritik genuin interdisziplinär angelegt. Das hat mit ihrem Untersuchungsgegenstand zu tun: dem Bild. Ein Singular, der immer auch den Plural meint, denkt, weiss. Am Anfang der Bildkritik steht die Einsicht, dass dem Bild nicht beizukommen ist. Die Bilder verlangen den Plural der Disziplinen. Ein wissenschaftliches Projekt, das sich zur Aufgabe gemacht hat, Bilder zu unterscheiden, muss interdisziplinär antworten. Von Anfang an.

Der erste Themenschwerpunkt von Rheinsprung 11 will die Möglichkeit des Anfangs als epistemologisch prägnante Ausgangslage nutzen. Am Anfang steht die Herausforderung, die unterschiedlichen Stimmen einer genuin interdisziplinär angelegten Auseinandersetzung mit Bildern zu perspektivieren. Das ist ganz wörtlich gemeint. Gibt es ein gemeinsames Nadelöhr, durch das Soziologen, Kunsthistoriker, Philologen, Theologen und Philosophen den Faden der Untersuchung ziehen können? Kann man dem Plural der Bilder, der den Plural der Disziplinen fordert, eine gemeinsame Perspektive zumuten? Ein gemeinsamer ‹Durchblick› in Anbetracht einer unüberschaubaren Vielfalt von Bildern? Wohl nicht. Besser nicht. Die Bilder lassen sich nicht durch einen Diskurs vereinnahmen. Genauso wenig die Disziplinen, die sich mit Bildern beschäftigen. Kritik nimmt Abstand vom Allgemeingültigkeitsanspruch der Doktrin. Die Bildkritik muss auch in dieser Frage ihr krinein ernst nehmen – das Unterscheiden methodologisch zur Voraussetzung machen. Gibt es dennoch einen gemeinsamen Ort der Bildkritik? Einen Ort, wo sich die Pluralität der Bilder mit der Pluralität ihrer Diskurse trifft? Eben doch: ein Nadelöhr?

Ausgabe 01 | Seite 03  >>