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Hans-Georg Gadamer, Wahrheit und Methode. Grundzüge einer philosophischen Hermeneutik, Tübingen 1960, S. 369.

 

Diesem Umstand wird besonders in James Elkins’ Beitrag zu dieser Ausgabe Rechnung getragen. Mit der Präsentation einer schier endlosen Serie von verschiedenen Zugängen zum Bild wird die Ungenügsamkeit der Konzeptualisierung selbst thematisiert.

Bilder verweigern sich theoretischer Verallgemeinerung und logischer Vereinnahmung, deren Scheitern jedoch produktiv gelesen werden kann. Uns geht es daher um eine Kartographie der Unwegsamkeiten, die durch die Auseinandersetzung mit Bildern aufbrechen. Diesen Unwegsamkeiten nachzuspüren, bedeutet gleichsam, die Bildfrage selbst zu befragen: Wieso widersetzen sich Bilder einer thetischen Setzung, einer Überführung in einen propositionalen Gehalt? Inwiefern lassen sich die spezifischen Bildfragen aus dem jeweiligen Diskurs der diversen Disziplinen verstehen? Welche spezifischen Aspekte des Bildlichen betonen die einzelnen Disziplinen, welche blenden sie im Gegenzug aus? Auf welche Grenzen stösst die Arbeit mit dem Bild?

Wir wollen Grenzziehungen, die sich aus den einzelnen Zugängen ergeben, als Eröffnung eines disziplinenübergreifenden Fragehorizonts begreifen. Ziel ist, durch die Grenzen der einzelnen Wege zur Möglichkeit eines geteilten Weges vorzustossen.

Ein möglicher geteilter Weg wäre die Bildkritik als Perspektivierung der unterschiedlichen Bilddiskurse. Mit dieser Akzentuierung wäre Bildkritik mehr Praxis als Theorie, mehr Auseinandersetzung als Aussage. Sie erschwert damit propositionale Bestimmungen, begünstigt aber ein vielfältiges Sehen. Gleichzeitig gilt es, verschiedene Möglichkeiten und Spezifiken bildkritischer Arbeit zu erkunden. Bildkritik sieht sich mit einer Vielzahl verschiedener Zugänge und einer Heterogenität von Praktiken konfrontiert. Die Unterschiedlichkeit dieser Herangehensweisen resultiert aus der Unterschiedlichkeit der Methoden und Disziplinen.

Doch erscheint uns die Aporie als eine bestimmte Weise, Bilder zu befragen, diesseits dieser Differenzen fruchtbar: als ein epistemologisches Werkzeug, das die Krisen, die Brüche und Widersprüche seines Untersuchungsgegenstandes in den Vordergrund rückt. Man kann hier noch etwas weiter gehen: Die Aporie bewahrt nicht nur die strukturelle Offenheit des Gegenstandes, sondern auch die Offenheit der Fragen – sie entzieht sich dem Gedanken der Einheit, der Synthese. Man kann hier an Gadamer denken: «Fragen heisst ins Offene stellen. Die Offenheit des Gefragten besteht in dem Nichtfestgelegtsein der Antwort […]. Das macht den Sinn des Fragens aus, das Gefragte so in seiner Fraglichkeit offen zu legen.» [20]

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