Zum Beispiel Nelson Goodman, Sprachen der Kunst, Frankfurt a. M. 1997.
Wer mit der Kategorie Differenz operiert, begibt sich in einen zentralen Bereich der Philosophie. Gilles Deleuze hat zuletzt ein Differenzdenken konzipiert, Derrida mit der différance einen grundlosen Grund jeder Unterscheidung ins Spiel gebracht, die sprachliche Nähe unserer ikonischen zur ontologischen Differenz Martin Heideggers fällt ins Auge und eine dialektische Wendung des Differenzargumentes sieht sich auf Hegel verwiesen. [5] Vier Bezüge, die sich vermehren liessen. Tatsächlich aber wird mit der ikonischen Differenz kein Versuch gemacht, die Fragen des Bildes auf das Terrain eines dieser Denker zu verlagern und dort auszuarbeiten. Womit keineswegs in Abrede gestellt ist, dass sie viel zu denken geben, gedanklichen Widerstand anbieten oder dass einzelne Argumente hilfreich bei der Entfaltung der ikonischen Differenz erscheinen. Die Gründe für unsere diesbezügliche Enthaltsamkeit liegen in einer Diagnose der abendländischen Theoriegeschichte, die – so unsere Behauptung –bis anhin nie wirklich dahin gelangte, dem Logos einen präverbalen, insbesondere ikonischen Sinn zuzugestehen.
Anders gesagt: der Anteil des Bildes an der Hominisation des Menschen ist bislang unzureichend bedacht worden, er wurde von der Bestimmung des Menschen als Zoon Logon Echon völlig überdeckt. [6] Mehr noch: der Sinn und die Legitimität einer solchen Frage, welche die sprachliche Proposition zwar nicht in Frage stellt, aber doch überschreitet, ist höchst umstritten, Wege in diese terra incognita wurden selten begangen. Die ikonische Differenz versucht, in diese eherne Grenzmauer eine Bresche zu schlagen: ein anderes Denken von Sinn einzuleiten. Nicht nur aus einem gerechtfertigten, spezialistischen Interesse am Bild, sondern viel mehr noch aus Gründen einer angemesseneren, d.h. komplexen Bestimmung des Menschen als eines bildbefähigten Wesens, das stets dabei ist, imaginatio mit imago zu verknüpfen.
Die ikonische Differenz als visuelles Dispositiv geht damit über in einen theoretischen Begründungsgang. Sie bietet Momente der Unterscheidung und der Einheit dar, die traditionell die Theorie beschäftigt haben und die diese zum Beispiel als Energeia, Physis, Hen oder als Intentionalität ausgelegt hat. Vor allem das «Wechselspiel» in der Differenz gilt es ins Auge zu fassen. Wir vermeiden ausdrücklich, von einer Dialektik oder Synthese zu sprechen oder das Modell der sprachlichen Proposition (S-p) bzw. semiotische Relationen zugrunde zu legen. Eher dürfte die Kategorie der Verkörperung, des «Chiasmus» (M. Merleau-Ponty) weiterführen. [7] Es liegt sehr viel daran, nur solche Begrifflichkeiten und Begründungsfiguren aufzunehmen, die dem Ikonischen angemessen sind, es nicht sofort der Sprache oder einem allgemeinen Symbolisierungsgeschehen einzugemeinden. [8]