Der Hamburger Kunsthistoriker, der selbst über das Problem der Zentralperspektive aus rezeptionsästhetischer Sicht publizierte, überliest offenbar konsequent Damischs wichtigsten Argumente und bleibt daher für dessen Nachweis blind. Denn in gleich zweifacher Hinsicht stellt die Perspektive Damischs Antwort auf die Frage dar, wie ein Denken in Bildern aussieht.
In gleich zweifacher Hinsicht stellt die Perspektive Damischs Antwort auf die Frage dar, wie ein Denken in Bildern aussieht. Die Perspektive sei zum einen «regulierend» (die perspectiva artificialis als Norm, an der eine Bildtradition – und sei es nur im Versuch, ihr zu entkommen – geeicht ist), zum anderen aber «reflexiv»: Durch die Perspektivierung entwickelt die Malerei so etwas wie das Pendant zur flektierten Verbform und stellt damit unter Beweis, dass sie zwischen Form und Inhalt, zwischen Wie und Was der Darstellung sehr wohl unterscheiden kann. Damit verhehlt Der Ursprung der Perspektive, der als Auseinandersetzung mit Erwin Panofskys epochemachendem Aufsatz «Die Perspektive als symbolische Form» (1924) daherkommt, nur kaum sein wahres Ziel: den Strukturalismus.
Diese Denkrichtung, der Damisch nach wie vor verpflichtet bleibt, hatte auf Ferdinand de Saussures Spuren die Erweiterung der Semiologie über die Sprache hinaus befördert und zugleich verunmöglicht. So hatte der Indogermanist und Sprachwissenschaftler Emile Benveniste in einem einflussreichen Essay («La sémiologie de la langue», 1969) [2] zwar eine prinzipielle Gleichwertigkeit aller Sinnsysteme wie Sprache, Musik, Malerei, Skulptur oder Film behauptet, die Sprache aber als Metasystem bezeichnet, da wir auf sie angewiesen seien, um uns auf alle anderen zu beziehen. Während wir an Worte mit anderen Worten anschliessen, reden wir über eine Rundplastik nicht mithilfe weiterer Rundplastiken, sondern eben wiederum mithilfe von Worten. Damischs 450 Seiten können als einziger Versuch begriffen werden, dieser These zu widersprechen.