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Wie nicht nicht sprechen vor einem Bild?

In this paper, Philipp Stoellger investigates the relationship between regarding images and interpreting them. Deixis, the ‹pointing to› that is specific to the meaning of images, is irreducibly bound to lexis, the ‹reading› and interpreting of images. Therefore, images are only to be called images insofar as somebody interpreting them regards them as images. However, regarding something as something is a kind of discriminating interpretation that is based on ‹visual difference›, on perception rather than on the speech act. The questions that arise at this point are how the visual self-sufficiency of images can be disrupted and how images can participate in discourses without losing their specific deictic character. Simultaneously, the challenge for any scientific occupation with images is: How to avoid not speaking in front of an image – how to find words, not to remain silent forever.

 

In Differenzen verstrickt

a) Mit ‹dem Bild› anzufangen, macht sprachlos. Denn wem ‹vor einem Bild› noch nie die Worte gefehlt hätten, hätte etwas verpasst, wenn nicht übersprungen: basale Brüche, drastische Differenzen und den einen oder anderen radikalen Riss. Das lässt sich markieren mit Ausdrücken, die das anfänglich zu artikulieren suchen: Sagen und Zeigen ebenso wie Semantik und Mantik, wohl auch Nichtverstehen und Verstehen oder Apophatik und Kataphatik (wie in einer negativistischen oder ‹offenbarungstheoretischen› Bildtheorie, die von ‹realer Gegenwart› handeln würde), daher auch Präsenz, Absenz und Entzug oder wie bei Mondzain Inkarnation und Inkorporation, bei Didi-Huberman Symptom und Symbol oder die Diastase und piktoriale Differenz bei Waldenfels, der Riss bei Mersch und die ikonische Differenz von Boehm. Diese Differenzen ‹machen Unterschiede›, markieren Differenzen, um sich vor einem Bild zu orientieren und einen differenzsensiblen Umgang mit Bildern kultivieren zu können. Daher sind all diese Differenzen auch verständlich, als Beiträge zu einer Hermeneutik im Zeichen von Differenz – im Unterschied zu einem solchen Verstehen, das vom Einen aus durchs Viele auf das Eine hin zielt oder von Konsens aus auf Konsens zu.

Am Beispiel der Differenz von Sagen und Zeigen bzw. von Lexis und Deixis ‹zeigt sich› die Gravitationskraft dieser Differenz für die Arten des Sprechens vor und von einem Bild: Bilder zeigen, sie sprechen nicht. Bilder sind Deixis, Ereignisse des Zeigens und Sichzeigens und Zeigen des Zeigens, nicht des Sagens, Lesens oder Sprechens. Bilder sind daher nicht ursprünglich lektisch, nicht in der Ordnung der Lexis zu Hause, des Sagens und Sprechens.

Ausgabe 01 | Seite 21  >>