Wird Macht verstanden als potestas eines Herrschers oder als potentia (Vermögen) eines Handlungssubjekts, wird sie in der Regel handlungslogisch als Eigenschaft von Subjekten oder Personen gefasst. Bilder als ‹Träger› von Macht anzusprechen – im Bildakt etwa – wirft dann ein Sprachproblem auf: Kann das Bild als ‹Subjekt› oder ‹Agent› angesprochen werden? Wenn man die Vermögenstheorie auf die Bilder übertrüge, würde man sie ‹animieren›, als ob sie handeln könnten und würden. Nur dann ist ein Bild Agent in metaphorischem Sinne (was eigens zu erörtern wäre), wenn es ‹animiert› wird im Gebrauch. Es handelt nicht selber, sondern mit und an ihm wird gehandelt. Insofern wäre die Macht des Bildes potentia passiva: «principium motus vel mutationis ab altero inquantum est aliud» [16]. Es ist daher gegebenenfalls auch von merklicher ‹Widerstandskraft›. [17]
Wenn Macht ein ‹etwas› wäre, ein Ding oder Gut, das man haben könnte wie Geld oder Soldaten, sammeln, vermehren, aufbewahren und gar verzinsen, wäre ein Bild solch ein Gut, das gut zu haben wäre, sofern man damit Macht hätte. Aber so ist nur das Bildding, nicht das Bild: Man hat es nicht wie Geld und kann es nicht benutzen oder verteilen wie Güter, nicht ansammeln und verzinsen für dürftige Zeiten.
Wenn die Macht des Bildes nicht Handlungsvermögen, nicht Gut oder Ding ist, dann vielleicht Macht als Ursache, Ursprung und Prinzip? Aber das kausale (physikalische) Machtmodell passt ebenso wenig (auch wenn man Semiose als Prozess in einem Feld von Kräften modellieren kann). Selbst wenn Nietzsche das kausalistische Denken als ebenso unüberwindlich ansah wie Gott – es passt nicht für die Macht des Bildes.
Ist oder hat das Bild dann Macht als Mittel zu einem Zweck? So könnte man die Macht der Bilder verstehen, wenn man sie instrumentell verkürzte. Macht bedürfte dann der Mittel, und das Bild sei eines davon. Nur ist das macht- wie sprachtheoretisch unzureichend. Das Bild wäre dann ein Medium derjenigen, die Macht haben und mit ihr ausüben oder durchsetzen. Nicht die Macht der Bilder ‹selber› (was immer das sei), sondern eine vorgängige Macht würde sich ihrer bedienen. So unterbestimmt dies wäre, es verschiebt sich, wenn nicht Mittel, sondern Medium gesagt wird. Denn dann kommt die medientheoretische These ins Spiel, dass die Medien mitsprechen oder (wie manche Wissenschaftsgeschichtler zeigen) sogar das eigentlich Bestimmende seien. Das Medium prägt und formt den Prozess der Kommunikation (der Macht). Es bliebe aber bei der Sicht: Das Bild sei Medium der vorgängigen Macht.