Ein Bild zeigt etwas, zeigt sich, zeigt das Zeigen und dabei noch manches andere. Insofern ist Bild Deixis. Das gilt aber nicht nur fürs Bild, sondern auch für subtile Bildlichkeit in der Sprache: Sie zeigt sich und etwas als etwas (anderes). Eine Metapher zum Beispiel zeigt auf etwas und zeigt etwas als etwas («Der Papst ist ein Fuchs» oder «Wir sind Papst»), zeigt darin sich (exponiert sich, macht sich angreifbar) und zeigt darin nolens volens eine Art zu sehen, zu denken und zu sprechen (etwa die protestantische Differenz oder einen etwas ergrauten germanischen Nationalstolz). Damit sinnt die deiktische Lexis eine Art zu sehen an (oder wahrzunehmen): Sie spielt eine Perspektive zu und mit ihr den Horizont des Sosehens.
In heikler Verkürzung vermute ich, dass Geltungen in solchen Deutungspraktiken entstehen. Hier muss man nicht gleich den ‹Willen zur Macht› am Werk sehen oder eine ‹pouvoir symbolique›. Es geht auch vorsichtiger: Als was etwas gesehen wird, hängt daran, wie es gesehen und als was es gedeutet wird. ‹Namen› sind dafür basal. Aber das ‹als was› der Deutung reicht bis in Theoriepräferenzen, die anders sehen, denken und sprechen lassen. Insofern ist die liminale Form der Macht der Sprache ihre Deutungsmacht – und darin konkurriert oder konvergiert sie mit der Deutungsmacht des Bildes.
Die besondere Macht von Bild wie Sprache, ‹Deutungsmacht› zu sein, heisst etwas als etwas deuten, oder so auf es deuten, dass es anders gesehen wird als zuvor, dass es gemeinsam so gesehen wird und damit ein anderes wird als es zuvor war. Dabei kehrt der oben genannte Doppelsinn einer Macht ‹von oben› und ‹von unten› wieder:
Deutungsmacht als die Macht der Deutung im genitivus obiectivus hiesse, die vorgängige Macht ‹regiert› die Deutung. Dann dominiert die Macht (einer Struktur, einer Institution, eines Souveräns o.ä.). Das kann man ‹Macht von oben› nennen. Eine Institution hat eine rechtlich kodierte Macht, über den ‹Sinn› bestimmter Texte oder Bilder zu entscheiden. Dann erscheint diese Deutung ‹von oben› als souverän, bewehrt mit der Macht einer Institution, sofern sie über den ‹Konflikt der Interpretationen› (Ricoeur) zu entscheiden vermag. Ist das Produkt der Ausübung dieser Macht noch ‹Deutung› zu nennen? Die Frage bleibt, ob machtbesetzte Deutungen rezipiert werden, ob sie sich über die Macht zur Deutung hinaus als Deutungen mächtig erweisen bzw. als plausibel, zustimmungsfähig, hilfreich und praktikabel etc. Auch die vorgängige ‹Macht von oben› ist auf Ratifikation angewiesen, sonst bliebe sie prätendiert.