>>
 

Bei der Nachfrage nach der Funktionsweise, den Aussagebedingungen, der Hermeneutik der Bilder, stehen wir immer noch mitten in der Diskussion. Hier sollte darauf hingewiesen werden, dass sich in den beiden in den vorhergehenden Abschnitten vorgestellten Bildkonzepten das ‹Bild› von einem materiellen Bildträger klassischer Art abgelöst hat: Die Menschheit als ‹Statue/Bild› Gottes ist ebenso eigen wie Gott im anthropomorphen ‹Sprach›-Bild des A.T., dem kein materiales Bild Gottes (Bilderverbot), das nämlich in den Verdacht geraten könnte, Gott in Form einer (Kult-)Statue greifbar zu machen, an die Seite zu stellen ist.

Bei beiden Bildbegriffen geht es nicht um einfache Mimesis, es herrscht eine eher dem sprachlichen Zeichen ähnliche Referenzbeziehung. Die spannende Frage vor allem beim Anthropomorphismus auch für die Theologen ist an dieser Stelle, ob es sich hier nun wirklich und nur um eine völlig arbiträre Beziehung handelt oder ob doch irgendwelche ‹bildliche› Aspekte eine Rolle spielen, vielleicht in Form komplexerer mimetischer Beziehungen. Ist der Anthropomorphismus als Funktionsaussage zu verstehen oder als Bildaussage? Von daher sind der Diskussion um Bilder im A.T. und seiner Umwelt auch die Fragen hinzuzufügen, die sich von Sprachbildern her stellen.

 

Andreas Wagner: Seit 2009 Professor für Altes Testament am Institut für Bibelwissenschaft, Departement für Ev. Theologie. Studium der Evangelischen Theologie in Mainz und Heidelberg, der Dt. Phil., Musikwiss. und Privatmusik in Mainz. Arbeits- und Forschungsschwerpunkte: Prophetie, Psalmen, Anthropologie, Theologie und Religionsgeschichte, Hebräische Philologie. Aktuelles Forschungsprojekt u. a. DFG-Projekt: Stabilitas Dei – Die Gestaltbeständigkeit des alttestamentlichen Gottes im Vergleich mit außeralttestamentlichen Göttern. Publikationen (Auswahl): Gottes Körper. Zur alttestamentlichen Vorstellung der Menschengestaltigkeit Gottes, Gütersloh 2010;  Anthropologische Aufbrüche. Alttestamentliche Menschenkonzepte und anthropologische Positionen und Methoden (Hg.), Göttingen 2009 (FRLANT 232);  Gott im Wort – Gott im Bild. Bilderlosigkeit als Bedingung des Monotheismus? (Hg. mit V. Hörner/G. Geisthardt) Neukirchen-Vluyn 2005; 2. Aufl. 2008.

<<  Ausgabe 01 | Seite 91