Vgl. Ernst Jenni, Art. hmd dmh gleichen, in: THAT I (Anm. 2), S. 451–456.
Der alttestamentliche Schöpfungstext Gen 1,1-2,4a, der zu einem Pentateuchteil gehört, den die Forschung ‹Priesterschrift› genannt hat, entstanden in der Zeit am Ende des Exils oder kurz danach, also in einer Zeit intensiver Konfrontation mit babylonischer Kultur und Religionswelt, interpretiert diesen ‹Statuengedanken› nun neu: Nicht allein dem König, den es nach dem Untergang des Südreiches Juda 587 v. Chr. für Israel auch nicht mehr gab, sondern allen Menschen sei diese ‹Statuen-Stellung› von der Schöpfung an zuzusprechen. Damit wird natürlich keine geschichtliche Aussage über die Entstehung des Menschen, sondern eine Aussage über das Wesen des Menschen gemacht.
Die Priesterschrift (P) überträgt die Kultbildvorstellung auf den Menschen schlechthin, auf die Menschheit insgesamt; die Aussage zielt dabei auf den Zusammenhang von Statue und Bezugsgrösse: Wie das Kultbild bzw. der König als Statue – nach altorientalischer Vorstellung – einen Gott repräsentiert, so repräsentiert die Menschheit – nach der Vorstellung von P (d.h. im israelitischen Kontext) – Gott. Der Mensch steht in der Welt an Gottes Statt. Damit verbunden ist (neben einem möglicherweise polemischen Unterton gegenüber fremden Kultbildern) die Vorstellung, dass es eine enge Verbindung zwischen Mensch und Gott gibt, die keinerlei Vermittlungsinstanz benötigt (ohne dass hier eine Identität bestünde). Diese Beziehung besteht zwischen Gott und jedem Menschen (ʾādām als Kollektivbezeichnung! Vgl. auch zu Gen 5,3); jeder Mensch ist deshalb Stellvertreter Gottes, wie V.27 zeigt, auch gleichermassen Mann und Frau; es gibt unter den Menschen keine Unterschiede in dieser Beziehung!
Da die Priesterschrift hier vom Gedanken des Königs als Statue eines Gottes aus denkt, in Gen 1,26 aber die «Gottesebenbildlichkeit» (= die Tatsache, dass der König bzw. die Statue als Repräsentationsbild für Gott genommen wird) allen Menschen zugesprochen wird, spricht man oft von einer ‹Royalisierung› des Menschen bei P: was in Ägypten eine königlich-royale Eigenschaft ist, kommt im A.T. allen Menschen zu. [7]
(b) In ṣælæm auch enthalten ist das Bedeutungsmoment der Abbildung einer Sache. Das Aussehen eines Kultbildes ist nicht völlig beliebig. Dieser Aspekt der Ebenbildlichkeit wird nun in Gen 1,26 durch demut konkretisiert: Der Mensch ist nicht nur Repräsentant Gottes, er ist ihm auch gleichartig, was das Gestalthafte anbelangt.
Die Abstraktbildung demut wurde vom Verbum dmh/gleichen, das im biblischen Hebräisch breit bezeugt ist, abgeleitet. Dem Sinn des Verbes entsprechend weist die Abstraktbildung demut auf die Tatsache des Gleichens, der Gleichheit. L. Köhler hat den guten Vorschlag gemacht, demut zu übersetzen mit etwas wie. [8]