>>
[12]

Nietzsche, Die Geburt der Tragödie (Anm. 1), S. 106f.

[13]

Ebd., S. 107.

 

«[D]ie Begriffe sind die universalia post rem, die Musik aber giebt die universalia ante rem, und die Wirklichkeit die universalia in re.» [12]

Liegt das unsichtbare dionysische Prinzip gleichsam als Hintergrund vor der apollinischen visuellen Erscheinung, so liegt die Reflexion des Logos immer diesseits von Klang und Bild, das Wort folgt unwiederbringlich nach. Das dionysische ästhetische Prinzip ist seinem Wesen nach nicht nur Hintergrund, sondern auch Ursprung und Voraussetzung der visuellen Erscheinung: Das unbildliche ästhetische Prinzip also gilt für Nietzsche als Grund für das bildliche.

Im Anschluss an Schopenhauers Kunstmetaphysik hebt Nietzsche in seiner frühen Schrift hervor, dass im Kern der Musik nicht die Versinnbildlichung des Individuellen und Besonderen stehe, sondern der Ausdruck des Allgemeinen. Ist dieser dionysische Ausdruck per se un-bildlich, so wird es im Streit mit dem apollinischen Schein zu einem unsichtbaren Bild der Wahrheit:

«Andrerseits kommt Bild und Begriff, unter der Einwirkung einer wahrhaft entsprechenden Musik, zu einer erhöhten Bedeutsamkeit. Zweierlei Wirkungen pflegt also die dionysische Kunst auf das apollinische Kunstvermögen auszuüben: die Musik reizt zum gleichnisartigen Anschauen der dionysischen Allgemeinheit, die Musik lässt sodann das gleichnisartige Bild in höchster Bedeutsamkeit hervortreten.» [13]

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