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Die anatomisch bedingten Bewegungsmöglichkeiten des Armes sind ausschlaggebend für die Prozesse der zeichnerischen Formfindung, welche die Anlage von Linien entwickelt und Form durch deren Bündelung bevorzugt einsetzt. Soll ein kleineres Format entstehen, wird auf dem Tisch aus dem Handgelenk heraus gearbeitet. Aus diesen kleinräumigeren Bewegungen resultiert die Schraffur als bevorzugtes Grundelement, aus der Form entsteht. Blickwinkel und Lichtverhältnisse werden ebenfalls in der Anfangsphase gewählt sowie Papier, Staffelei und Modell in die optimale Position zueinander gebracht.

Die Hauptaktivität besteht beim Zeichnen in der Anlage von Linien als Bewegungsspuren auf der Fläche des Papiers. Das Format des Blattes wird zuerst mit feinen Linienbündeln vermessen und aus dieser groben Beschreibung, die fortlaufend mit der Wahrnehmung des Modells abgeglichen wird, entsteht allmählich eine konkretere Darstellung.
In der Hauptaktivität besteht die latente Möglichkeit der Unterbrechung. Es wird kontinuierlich überprüft, ob der Endpunkt des zeichnerischen Prozesses erreicht ist, oder ob die Verdichtung der Linien und die damit voranschreitende Konkretisierung weiterhin das Potential hat, die Zeichnung im Sinne der Zielsetzung zu verbessern. Die Zeichnung kann an diesem Punkt des Prozesses aus verschiedenen Gründen als missglückt erachtet werden. Möglicherweise sind die Proportionen nicht richtig erfasst worden und die Festlegung der Linien ist schon so weit fortgeschritten, dass eine Korrektur bei Wiederaufnahme der Hauptaktivität aussichtslos erscheint.

Nach der Evaluation eines Unterbruchs besteht die Möglichkeit, die Hauptaktivität zu variieren oder weiterzuführen. Wird die Hauptaktivität nicht abgebrochen, weil der Zeichner eine Verbesserung der Zeichnung als möglich erachtet, dann wird das Setzen der Linien wieder aufgenommen, respektive variiert. In einer fortgeschrittenen Phase der Zeichnung entscheidet sich der Entwerfer zum Beispiel, einen weicheren Stift einzusetzen, der es erlaubt, die entscheidenden Linien dunkler herauszuarbeiten.
Vor dem Abschluss der Zeichnung findet eine Kontrolle, ob das Ziel erreicht wurde, statt. Entscheidet sich der Zeichner, dass die Zeichnung den in der Initialisierungsphase festgelegten Zielen entspricht, kommt es in der Folge zur Reduktion der Hauptaktivität.

In der Abschlussphase wird Distanz von der Hauptaktivität genommen und deren Resultat beurteilt. Möglicherweise werden noch einzelne punktuelle Eingriffe in der Gesamtkomposition vorgenommen. Sind auch die letzten Eingriffe vollzogen, wird in der Endphase das Blatt fixiert, um es von weiteren ungewollten Eingriffen zu schützen.

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