Ders., Das Blaue Buch (Anm. 5), Bd. 5, S. 95.
Ders., Vorlesungen (Anm. 23), S. 235.
Ders., Wiener Kreis (Anm. 5), Bd. 3, S. 185.
Ders., Vorlesungen über die Philosophie der Psychologie 1946/47, Frankfurt a. M. 1991, S. 55.
Ders., Philosophische Untersuchungen (Anm. 5), Bd.1, § 71, S. 280f.
Daraus ergibt sich jedoch eine prinzipiell unabgeschlossene Aufzählung von Einzelfällen, die wiederum nach einem Modus der Ordnung verlangen, den Wittgenstein ebenfalls aus den Qualitäten des Kompositbilds bezieht. So «wünsch[t]» er sich im Blauen Buch «ein Bezeichnungssystem, das einen Unterschied stärker hervorhebt oder ihn offensichtlicher macht, [aber auch] Ausdrucksformen gebraucht, die mehr Ähnlichkeit miteinander haben» [29]. Gefordert wird damit also ein neuer Modus der Unterscheidung, der Unterschiede und Ähnlichkeiten zwischen konkreten Einzelfällen und ihren Bildern besser berücksichtigt, weil er sie gleichermassen möglich macht.
Wittgenstein schlägt zudem «Erweiterungen des Gebrauchs des Wortes ‹Bild› vor», die deshalb «äußerst nützlich sein [können, weil] sie Übergänge zwischen den Beispielen aufzeigen, denn die Beispiele bilden eine Familie, die in ihren äußersten Gliedern höchst verschieden aussieht» [30]. Während das «Bild des Mathematikers [...] schon ein allgemeiner Begriff ist» [31], ist der Bildbegriff des Philosophen «seinerseits eine Familie von Vorstellungen» [32]. Die familienähnliche Beziehung zwischen Bildern, Begriffen und auch Bildbegriffen weist dabei eine Unschärfe auf, die durchaus erwünscht ist und mit der Heuristik des Spiels korreliert.
So lauten die ersten Worte, auf die Wittgenstein den Begriff der Familienähnlichkeit sprachtheoretisch bezieht, Abbildung [33] und Spiel. Er betrifft daher direkt das Verfahren der Kompositphotographie sowie dessen inhärente Indeterminismen wie die «verschwommenen Ränder» der Bilder: «Man kann sagen, der Begriff ‹Spiel› ist ein Begriff mit verschwommenen Rändern. – ‹Aber ist ein verschwommener Begriff überhaupt ein Begriff?› – Ist eine unscharfe Photographie überhaupt ein Bild eines Menschen? Ja, kann man ein unscharfes Bild immer mit Vorteil durch ein scharfes ersetzen? Ist das unscharfe nicht oft gerade das, was wir brauchen?» [34], heisst es mit der entsprechend programmatischen Konsequenz in den Philosophischen Untersuchungen. Die Unschärfe des allgemeinen Bildes wird demnach gebraucht, weil sie die logische Struktur enthält, nach der Wittgenstein seine offene Aufzählung von Synonymen oder Exemplaren organisieren möchte. Will man dabei zwei oder mehr verglichenen Bildern gemeinsame Merkmale zuschreiben, dann dürfen ihre Verschiedenheiten nicht übergangen werden. [35]
Wittgenstein argumentiert damit für die Unmöglichkeit, allen empirischen Varianten von Spielen eine universale begriffliche Identität als Erkennungsmerkmal zuzuschreiben. Vielmehr schlägt er vor, den Begriff der Familienähnlichkeit zur Beschreibung der Diversität der Einzelfälle und ihrer möglichen Anordnungen zu verwenden.