Während genetische oder kausalistische Hinweise auf das Herstellungsverfahren also dazu führen, die mit dem Kompositbild verbundenen Ansprüche stillschweigend zu übernehmen, kann eine bildtheoretische Analyse nicht einfach solchen Lektürekonventionen folgen. Sie ist vielmehr mit begrifflichen Fragen konfrontiert: Was ist ein allgemeines Bild? Was sind gemeinsame Bildmerkmale zwischen Bildern? Welche Bildmerkmale können in technischen Verallgemeinerungen berücksichtigt werden und worin könnte eine adäquate bildliche Wiedergabe der Gemeinsamkeiten verschiedener Bilder bestehen? Die mit der Photographie notorisch verbundene Frage nach der Übereinstimmung zwischen Abbild und Abgebildetem verschiebt sich dabei zu der Frage nach dem Verhältnis des Kompositbildes zu den in ihm montierten Einzelbildern, die man anders als bei einer Collage oder Photomontage selbstverständlich nicht mehr sieht.
Dass Kompositbilder als adäquater Ausdruck der gemeinsamen Merkmale abgebildeter Objekte verstanden werden können, impliziert, dass sie zunächst gemeinsame Merkmale der in ihnen synthetisierten Bilder wiedergeben.