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Denn es wäre geradezu tautologisch aus einer Mehrfachbelichtung des Vorhangs, der Aufnahmearchitektur oder eines anderen Objekts auf sein allgemeines Wesen schliessen zu wollen. Dazu bedarf es keiner kompositionalen Montage einer Bildserie. Sie wird erst erforderlich, wo Bilder mit voneinander abweichenden Bildmotiven vorliegen.

Bei einer Bildserie von Gesichtern ist die gesuchte und zu erzeugende Konfiguration allerdings bereits deshalb instabil, weil es sich schon beim Gesicht ein und derselben Person nicht um eine statische Struktur handelt, die sich dem Kameraobjektiv selbst jeweils unverändert zeigt. [5] In biometrischen Testserien ist zudem aufgefallen, dass Männer und Frauen eine unterschiedlich starke physiognomische Variabilität aufweisen. [6] Da es nicht zwei identische Aufnahmen eines Gesichts, sondern allenfalls serielle Reproduktionen der gleichen Porträtaufnahme geben kann, muss die biometrische Gesichtserkennung genau das leisten, was die klassische Kompositphotographie versucht hat – sie muss die Vergleichbarkeit verschiedener Bilder durch ihr eigenes Konstruktionsverfahren erst erzeugen.

Weil grundsätzlich Bilder mit voneinander abweichenden Bildmotiven vorliegen [7], wird ihre Vergleichbarkeit durch identische Aufnahmebedingungen etabliert. So müssen die Objekte etwa unbewegt, richtig positioniert und in einem gleichbleibenden Abstand vor der Kamera posieren.

<<  Ausgabe 01 | Seite 122  >>