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In den Bereichen der Wissenschaft, der Kunst und des Entwurfs sind Übergänge zwischen Bildern und Modellen keine Seltenheit, sondern alltägliche Vorgänge – sei es, dass ein Gegenstand sich in einem Moment als Bild und im nächsten als Modell zeigt, sei es, dass ein solcher Perspektivenwechsel sich in den Augen bestimmter Betrachter vollzieht oder ein Changieren zwischen Bild- und Modellhaftigkeit in historischen Zeiträumen abläuft. Sobald man die spezifischen Figuren des Übergangs zwischen Bildern und Modellen einer eingehenden Untersuchung unterzieht, begibt man sich zwangsläufig in den Bereich der charakterisierenden Bestimmung dieser beiden, zunächst heuristisch auseinandergehaltenen Pole. Dann nämlich gilt es plausibel zu machen, warum die Zuordnung zur einen oder zur anderen Kategorie produktiv scheint. Die Autorinnen und Autoren des vorliegenden Themenhefts von Rheinsprung 11 fragen vor diesem Hintergrund anhand exemplarischer Studien zu Kunst, Architektur, Wissenschaft und Technik nach dem Übergang zwischen Bild und Modell und dessen Voraussetzungen bzw. Effekten.

Angesichts der Beobachtung einer vielgestaltigen Verschiebung und Verschränkung von Bildlichkeit und Modellhaftigkeit stellt sich allgemeiner die Frage, ob man von einer Art Verwandtschaft dieser beiden Charakteristiken auszugehen hat. Ein Blick auf die sozial-, kultur- und geisteswissenschaftliche Literatur zu Bildern und Modellen fördert in der Tat erstaunliche Parallelen zutage. Sowohl Bilder als auch Modelle stellen etwas dar, das anders kaum fassbar wäre, und machen es hiermit auf je spezifische Weise verfügbar. Beide lassen sich in einem ersten Schritt dadurch charakterisieren, dass sie in Analogiebeziehungen zu Wirklichkeitsausschnitten (z.B. von wissenschaftlichem Interesse) stehen. Studien in der Tradition einer praxisorientierten Perspektive auf Modelle weisen darauf hin, dass Modelle neben einer wie auch immer gearteten Repräsentationsfunktion auch eine wichtige Rolle der Ermöglichung innehaben: sie suggerieren neue Fragestellungen, regen neue Experimente an usw. Auch Bildern wird ein solches operatives Potential zugeschrieben. Modelle und Bilder befinden sich hinsichtlich ihrer konkreten Bedeutungen und Funktionen folglich in einem Spannungsfeld zwischen Repräsentativität (etwas abbildend) und Produktivität (etwas ermöglichend). Die Wissenschaftshistorikerin Fox Keller hat die Pole dieses Spannungsfeldes als «models of» und «models for» benannt. [1] Die deutsche Sprache hält für den Fall der Bilder das verwandte Begriffspaar Abbild und Vorbild bereit.

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