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[4]

Siehe etwa Andrea Fraser, Bericht, hg. v. EA-Generali-Foundation, Wien 1995.

 

Der ehemals vom Bildschein verdrängte Träger verwandelt sich in ein sichtbares Objekt – sei dieses Objekt die in ihrer sozialen und ökonomischen Funktion ausgestellte Institution, wie häufig in der investigativen Institutionskritik der 90er Jahre, [4] sei es ein Ensemble von Betrachtersubjekten, die ästhetische Erfahrung als soziale Praxis vollziehen, wie im Entwurf der Relationalen Ästhetik von Nicolas Bourriaud. Jeweils wird der Träger des ästhetischen Scheins selbst zur Bildfigur. Der Bildträger ist so nicht freigestellt, er bleibt von der Bildfunktion überdeckt.

Damit liegt die Schwierigkeit, den Begriff des Trägers zu fassen, offen. Ausgehend von der medienanalytischen und selbstreflexiven Bewegung der modernen Malerei wurde der Bildträger mit dem opaken Material identifiziert, das in vormoderner Malerei den Bildschein generiert, indem es sich selbst verbirgt. Dieses Material wird bei Seurat in den Sand der Farbpunkte, die zugleich Indizes des sequenziellen Produktionsprozesses sind, zerlegt. Es wird bei Mondrian vom kubistischen Raster durchgekämmt, auf die Grundfarben hin polarisiert und im Liniengerüst des Bildes festgelegt. Es wird bei Pollock als heterogenes Farbmaterial freigesetzt – nicht mehr in die Elemente eines möglichen bildlichen Erscheinungsraum gespalten, sondern in die Readymades der Lack- und Emailfarben mit ihrer eigenen Schwere, Dichte und Historizität, die an den Bewegungsraum eines athletisch-spektakulären Produktionsprozesses gebunden bleiben.

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