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Karl Bühler, Sprachtheorie. Die Darstellungsfunktion der Sprache [1934], Stuttgart 1993.

 

Tatsächlich liegt vieles daran, wie man die Vorbühne mit dem Jüngling, die die Veduta als parergon rahmt, deutet. Die Karte, die dem Zuschauer in diesem Vorraum entgegengehalten wird, ist selbst – anders als die Veduta – perspektivlos. Sie bannt die ganze Stadt aufs Papier und vermag daher, in ihrer Determiniertheit, die Stadtansicht eindeutig als eine Ansicht von Toledo zu identifizieren. Die Karte zeigt gewissermaßen, worauf das Bild zeigt, ihre indicatio dient der identificatio. Sie spielt damit die Rolle dessen, was Karl Bühler in seiner Sprachtheorie (1934) auch als «Nennfeld» charakterisierte: [4] die dargestellte Karte dient nicht zur Orientierung in einem Raum (sie ist buchstäblich «nicht zu gebrauchen»), sondern vielmehr zur abstrakten Zuordnung einer gemalten Ansicht und eines Eigennamens.

Man könnte es hierbei belassen und werkgeschichtlich erklären, warum der Künstler nach einer ersten rund zehn Jahre früher gemalten Ansicht von Toledo, deren Gegenstand oft nicht erkannt wurde, nun das Bedürfnis verspürt, diesen nun eindeutig herauszustellen. Doch vielleicht lohnt es, einen Moment lang noch einer anderen Hypothese zu folgen: Was wäre, wenn die Vorbühne nicht nur dazu dient, zu zeigen, was das Bild zeigt, sondern auch wie es zeigt?

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