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Anders als wenig später bei Jan Vermeers Allegorie der Malerei etwa (um 1666), in der sich die großflächige geographische Karte verselbstständigt hat und nun die hintere Wand ausfüllt, ist die Karte von Toledo nicht von ihrem Träger zu trennen, ohne den sie unmittelbar zu Boden fiele. In einer Geste, die schon an die des Toreros mit seinem entgegengestreckten Capote gemahnt, spannt der Jüngling das Pergament auf und zeigt dabei unwillkürlich nicht nur etwas (die Karte), sondern auch sich.

Die klassische Rhetorik kannte diese Geste unter dem Namen der ostensio. Anders als bei der indicatio, die verweist, indem sie von sich wegweist, hat die ostensio stets ein intransitives Moment: sie zeigt, indem sie etwas an sich vorweist, indem sie es gleichsam vor sich entfaltet. Das ostendere kommt, daran erinnert Emile Benveniste, nicht umsonst von tendere, spannt es doch gewissermaßen einen Raum auf. [5] Einen Raum, den auch Karl Bühler in seiner Sprachtheorie im Blick hatte, wenn er neben dem aperspektivischen «Nennfeld» von einem «Zeigfeld» spricht, das der leiblich situierte Sprecher um sich herum in seinem Ausdrucksgeschehen aufspannt.

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