Erst in den späteren Planungsphasen wurden ggf. Anpassungen vorgenommen, um die Funktion zu optimieren. Im Spannungsverhältnis von imaginierter Vision und reeller Ausführung dürfte sich das ästhetische und metaphorische Potenzial einer Fortifikationsidee entfaltet haben.
Idiom
Der fortifikatorische Gebrauch des Begriffes ‹Modell› veränderte sich im 17. Jahrhundert. Der Sprachgebrauch verlagerte sich von der aus der Praxis abgeleiteten Bedeutung des bildplastischen Arbeitsmodells hin zur theoriefähigen vorbildhaften Modellvorstellung. Das modellhafte System Adam Freitags bildete eine entscheidende Grundlage. Aus historischer Perspektive beschrieb Johann Jacob Werdmüller die Situation folgendermassen: «Die Holländische Fortification ist eine geraume Zeit in solcher Estime und Großachtung gewesen; daß sie von allen Bau- und Kriegs-Verständigen/ vor das rechte/ und auch vor das einige Muster und Modell, eines nach rechter Kriegs-Manier und Gebrauch/ eingerichtem wehrlichen und starcke˜ Defensiv-Baues gehalten worden/ wie dann gar viel namhaffte Scribenten solches einhellig bezeugen.» [27] Die Fixierung von Modellvorstellungen, in der Praxis beispielsweise in Form spezieller Messinstrumente, vollzog sich in der Theorie innerhalb der Sprache: Es entwickelten sich eine fachspezifische Terminologie, wissenschaftliche Standards für Argumentationen und Beweisführungen und innerhalb der Traktatliteratur auch ein Kanon an Standardwerken und Autoritäten, auf die sich nachfolgende Autoren stützen konnten.
Verwissenschaftlichung und Entwicklung einer fortifikatorischen Terminologie verliefen parallel. Die fortifikatorischen Modellvorstellungen wurden als Systeme und Manieren vorgeführt, wobei beide Begriffe fliessend gebraucht wurden, was letztlich in der eigenen Empirie und Wissenschaftsgeschichte begründet lag. Als System galt eine weiter gefasste modellhafte Vorstellung von einer funktionsfähigen Fortifikation. Die Form reagierte dabei auf zeitgemässe militärische, strategische kriegs- und bautechnologische Rahmenbedingungen. Die Axiome und Parameter boten gewisse Gestaltungsspielräume für den fortifikatorischen Entwurf. Eine Manier dagegen war eine konkrete Formkonstellation, eine Spielart, die einem System zugeordnet werden konnte. Ingenieure und Autoren schlugen immer neue Manieren vor, die sie als besonders geeignet erachteten, weil ihr Formeffekt in einer spezifischen Prägung besonders günstig war, sie sich besonders schnell errichten liess, als besonders kostengünstig galt oder dergleichen.