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[25]

Abb. bei Vojislav J. Djurić, Byzantinische Fresken in Jusgoslawien, München 1976, Abb. 113.

 

Diese Blendung war zwar keine totale, aber im Bild wird keinerlei Beeinträchtigung der Sehkraft thematisiert. Der dokumentarische Impetus dieser Bilder ist jedoch auch im Rahmen dieser Vorgaben noch nicht ausgekostet. In der Kirche von Resava erscheint der Despot Stefan Lazarević 1418 nicht nur mit einem Architekturmodell in der Hand, sondern einem beigefügten Auszug aus der Gründungsurkunde des Klosters, dem Typikon. [25] Der mehrfach im Jahr zu spezifischen Anlässen verlesene Text authentifiziert insbesondere einen Gründungsakt, der eine auf Dauer (im Prinzip bis in die Endzeit) angedachte Praxis auslegt.

Wenn wir ganz grundsätzlich den Status der in der Malerei erscheinenden Architekturmodelle so definieren, dass eine partielle Ähnlichkeit zum realen Bau existieren muss, dann gilt es jedoch im nächsten Schritt den Status der Bilder in Byzanz in einem sehr generellen Sinne in unsere Überlegungen einzubeziehen. Dies ist insofern unabdingbar, als unsere Modelle in ihrem visuellen Umfeld aufgehoben sind. Ihre Rezeption ist damit immer auch kontextuell gebunden.

[27]

Patriarch Nikephoros, Antirrheticus III, 35, in: PG 100, 428 C-D.

[28]

Patriarch Nikephoros, Antirrheticus II, 13, in: PG 100, 357.

 

Urbild – Abbild. Das Diktum der Ähnlichkeit

Das Bild des Heiligen ist in Byzanz mit den theoretischen Auseinandersetzungen während des Bilderstreits als Abbild eines Urbildes begriffen. Diese Abbildtheorie hat nicht nur zur Folge, dass das Bild als eine Art Membran zum Heiligen selbst zu verstehen ist, sondern dass es durch das Prinzip der Ähnlichkeit zum Urbild gekennzeichnet ist. Dieses Prinzip – von Barber, aber vor allem Maguire anschaulich dargelegt [26] – setzt auf eine unzweifelhafte Identifizierbarkeit heiliger Personen, die sich nicht zuletzt auch in der unabdingbaren Namensbeischrift niederschlägt. Der Patriarch Nikephoros formuliert, dass das Bild die Dichtkunst im Grad der Ähnlichkeit übertreffe. [27] Er konkretisiert seine Vorstellung, indem er z. B. in seiner zweiten Gegenrede von der Übereinstimmung individueller Züge spricht. [28] Auch im Konzil von 787, bei dem der Bilderkult zwischenzeitlich wieder eingesetzt worden ist, wird im Zuge des Traditionsbeweises eine Reihe von Wiedererkennungswundern referiert. Die Ikone einer heiligen Person bietet in einem ganz strikten Sinne ein Porträt dar, dessen Erscheinung eindeutig definiert ist. Diese Definition ist freilich relational. So mag bei dem einen Heiligen die Stirnglatze hervorstechen, bei einem anderen die lockige Pracht des Haupthaares festgelegt sein. In einer Vielzahl von hagiographischen Quellen werden Berichte dargeboten, wie ein Maler in einer Vision des Heiligen ansichtig geworden ist und so die Übertragung seiner charakteristischen Züge in eine Ikone hat leisten können.

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