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Justinian konnte man vor dem Eintritt in das Vestibül zuvor in seinem Reiterbild begegnet sein, das auf dem Augustaion, der monumentalen Platzanlage, aufgestellt war. Die Stadtabbreviatur, wie sie auch auf Münzen tradiert wird, ist eher topischen Charakters, einzig die Stadttore verweisen auf die Goldene Pforte, an der der Kaiser bei entsprechenden Anlässen seinen Triumphzug durch die Stadt aufnahm bzw. dort in Empfang genommen worden ist. Stadtmodelle dieser Art finden sich sowohl im Westen als auch andernorts in Byzanz, sie entbehren oftmals präzisierender Angaben, die auf spezifische Eigenheiten der jeweiligen Stadt Bezug nehmen. Vielfach wird hingegen z.B. durch die Anzahl der Türme auf die Beschreibungen des Himmlischen Jerusalem in der Apokalypse des Johannes Rekurs genommen.

Anders verhält es sich bei dem von Kaiser Justinian gehaltenen Modell der Hagia Sophia, das zumindest in strukturellen Eigenheiten, nicht jedoch in den Proportionen, beispielsweise der Überdimensionierung der Kuppel mit dem aufgesetzten und nimbierten Kreuz, der Anlage der seitlichen Annexe mit dem realen Bau koinzidiert. [11] Wenige Kennzeichen sind hinreichend, um eine Identifikation zu gewährleisten. Das «Stiftermodell», wie es gemeinhin tituliert wird, ist als Entwurfsmodell für die Konstruktion oder auch nur Restaurierung eines derart komplexen und technisch hochanspruchsvollen Baus natürlich untauglich.Vielmehr fungiert es im Kontext einer Präsentation, wobei die Relation zu dem realen Bau durch eben diesen Bau kennzeichnende Eigenheiten visuell konstruiert sein muss. Von einer lediglich symbolischen Funktion kann nicht die Rede sein. Die Hagia Sophia, als zentraler Ort der orthodoxen Kirche wie auch des byzantinischen Reiches, wird auch in anderen Medien im Modell vorgeführt.

So ist uns eine Reihe von Siegeln der ekklesiekdikoi, einer Gruppe von Klerikern, der juristische und administrative Funktionen zugewiesen war, überliefert. [12] Die Sitzungen des Tribunals wurden in einer der Vestibüle abgehalten. Allein von ihrer Grösse her weichen diese Siegel von dem üblichen Format ab. Zu sehen ist der Gründerkaiser, der zugleich als Reformator dieser Amtsgruppe galt,  nunmehr mit der Theotokos gemeinsam ein allerdings schlichter gefasstes Modell präsentierend. Unser Mosaik lässt sich zwar der Kategorie der Stifter- oder Dedikationsbilder zuordnen, [13] schert aber insofern aus, als die Ineinssetzung beider Herrscher – Konstantin und Justinian – keiner historischen Realität entspricht und zumal zu diesem späten Zeitpunkt primär einer Memorialfunktion nachkommt.

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