Eva Horn, Der geheime Krieg. Verrat, Spionage und moderne Fiktion, Frankfurt a. M. 2007, S. 479.
Die in Outbreak inszenierte Freund-Feind-Konstellation nimmt hier vorweg, was Eva Horn als das zentrale Kennzeichen zukünftiger Konfliktmodellierungen beschreibt, nämlich die zunehmend diffuser werdenden Vorstellungen des feindlichen Gegenübers: «Der Feind hat kein Gesicht mehr, nicht, weil er ,gesichtslos’ geworden ist, sondern weil er eine Gestalt annimmt, die keinen Kopf mehr hat.» [27]
Die epistemologische Schwierigkeit, das Motaba-Virus als einen konkreten Feind zu benennen, weil es eine Feindgestalt an der Grenze des Bestimmbaren darstellt, löst, um mit Sebastian Vehlken zu sprechen, «einen epistemischen Horror vor dem [aus], was nicht Gestalt werden kann». [28] Umso dringlicher werden Verfahren, die den Feind sichtbar machen, ihm eine Gestalt geben, die man schliesslich bekämpfen kann. Im Kontrast zur Anfangssequenz, in der das Virus sichtbar gemacht wird, indem seine Bewegung nachgezeichnet wird, schafft die bildhafte Visualisierung des Modellorganismus in Verbindung mit ihrer Validierung als Mr. Motaba die Voraussetzungen, das Virus als Gegenüber zu erkennen. Das Bild eines einzelnen Modellorganismus wird so schliesslich zu einem Modell des Virus ‹da draussen› und zum Bild des Feindes. Ein bereits in der Visualisierung angelegtes Changieren zwischen Bildhaftigkeit und Modellhaftigkeit stellt das Potential zur Autonomisierung der Visualisierung gegenüber ihrem Bezugsobjekt zur Verfügung. Die wesenhafte Ambivalenz der Visualisierung lässt jedoch auch eine alternative Einordnung des Virus zu. Wie in der beschriebenen Szene deutlich wird, ist Daniels angesichts der Visualisierungen ebenso beängstigt wie fasziniert. Als sich das System in Person seiner Vorgesetzten gegen ihn wendet, wird aus dem grössten Feind das (massstäblich) kleinste Vorbild: Daniels wird selbst zum Virus.
Die Infektion des Systems: Das Virus als Vorbild
Bereits zu Beginn des Films erfahren die Zuschauer, dass Daniels Vorgesetzte, die Generäle McClintock und Ford, 1967 schon eine Motaba-Epidemie in einem Militärlager in Zaire miterlebt haben. Da sich die Entscheidungsträger sicher waren, dass es aufgrund der hohen Effektivität des Virus (Sterberate 100%) kein Wirt schaffen würde, aus dem abgelegenen Lager zu entkommen, vernichteten sie das Lager durch einen Bombenabwurf. General McClintock, der bereits damals den Befehl zur Eindämmung durch Auslöschung gegeben hatte, strebt auch im Falle des erneuten Ausbruchs in der Kleinstadt Cedar Creek diese Lösung an, um eine Aufdeckung des Skandals zu verhindern. Als der neugierige und ehrgeizige Daniels kurz davor steht, ein Gegenmittel zu entwickeln, wird er von seinem Vorgesetzten deshalb von der Untersuchung abgezogen.