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Damit sind die drei Strukturmodelle Linie (Achsstruktur), Fläche (Konturlinien) und Raum (Volumen) für die Konstruktion des Menschenbildes angeführt, die eine Anwendung nach Dürer möglich machen. Eine Anmerkung sei noch hinzugefügt: Das Blatt aus Dürers Lehre legt auch dar, wie der Künstler in der gedruckten Version die Achs- und Umrisslinien der Figur ohne Hintergrund der Umrissfigur ohne Achslinien gegenüberstellt, die durch die Schraffur um die Figur erst hervortritt (Abb. 5). Das vergleichende Mittel der Gegenüberstellung wird auch von dem im Folgenden besprochenen Heinrich Lautensack angewandt, um Struktur- und Umrissmodelle für die Darstellung von Bewegung zu nutzen.

Heinrich Lautensack: Hauptstriche und Blindrisse als Modell

Der Goldschmied und Maler Heinrich Lautensack unternimmt 1564 mit seinem Buch Des Cirkels und Richtscheyts... Proportion der Menschen und Rosse kurtze doch gründliche Underweisung [72] den Versuch, die Lehre von Vitruv und Dürer vereinfachend darzustellen und für den Unterricht in der Werkstatt anwendbar zu machen. [73] In Folio 36v bezieht sich Lautensack auf den von Leon Battista Alberti formulierten Rat zur Komposition der Glieder der menschlichen Figur. So soll, um hierbei das notwendige Massverhältnis einzuhalten, zuerst das Knochengerüst angelegt, danach die Muskeln hinzugefügt und zum Schluss das Ganze mit Fleisch überzogen werden: «Wie man den Menschen erstlich nackt zeichnet und ihn erst dann mit der Gewandung umgibt, so mögen wir, wenn wir den nackten Körper malen, mit der Lagerung der Knochen und Muskeln beginnen und diese dann erst mit Fleisch bedecken, damit es nicht schwierig sei, die Lage jedes Muskels darunter zu erkennen» [74] (Abb. 7, vgl. Abb. 8).

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