Vgl. ebd., S. 73.
In diesem Programm lässt sich unschwer ein aufklärerischer Gestus erkennen und ist insofern bemerkenswert, als dass sich die Autorin genauso wenig auf Grenzziehungen zwischen Wissenschaft und Politik einlässt, wie auf universitäre Fächergrenzen. Während sich der Text entlang des Kulturphänomens der Grenze seit der frühen Neuzeit bewegt, gerät er selber in Zonen kontingenter Zugehörigkeit, nomadisiert zwischen historischer Darstellung, politikwissenschaftlicher Studie, bildkritischem Unternehmen und persönlicher Reflexion.
Eine gestische Geschichte der Grenze
Auch historisch folgt die Darstellung nicht ausgetretenen Pfaden. Sie gelangt von der konstitutiven Funktion der Leere in John Lockes Liberalismus zu Landschafts- und Gerichtsfotografien von John Watkins in den USA des 19. Jahrhunderts, von Thomas Hobbes horror vacui und den Pestärzten des 16. Jahrhunderts zu Pressebildern von Bootsflüchtlingen, von der Geschichte des Lagers als koloniale Institution zu aktuellen Techniken der Illegalisierung, Identifizierung und (In-) Visibilisierung von Migrantinnen und Migranten. Ich bleibe kursorisch und beispielhaft in der inhaltlichen Skizze:
Bei Hobbes Leviathan entwickelt sie, ausgehend von zwei je drei Millimeter grossen Figuren auf dem Frontispiz von 1651 – die in der Forschung bislang kaum beachtet worden sind – ihre Darstellung der Zusammenhänge zwischen frühneuzeitlichen Seuchen, Sanität und Souveränität. [4]