>>
[5]

Vgl. ebd., S. 91–104.

[7]

Vgl. Falk, Geschichte der Grenze (Anm. 1), S. 21–33.

[8]

Ebd., S. 22.

[9]

Vgl. ebd., S. 29.

[10]

Vgl. ebd., S. 34–46.

[11]

Ebd., S. 43f.

 

Die beiden dort dargestellten Pestärzte (erkennbar an ihren markanten Schnabelmasken, vgl. Abb. 1) sind ikonische Akteure frühneuzeitlicher Gesundheitspolitiken, zu denen auch die Separierung der Kranken von den Gesunden oder das Ergreifen grenzsanitarischer Massnahmen gehörten, wie Quarantäne für Reisende sowie Transport- und Reiseverbote. So gelingt es der Autorin, durch die exakte Bildbetrachtung einer schon vielfach analysierten politischen Ikone, die Verknüpfung eines Gründungstextes moderner Staatssouveränität mit der Konstituierung von Grenzregimen und der frühneuzeitlichen Formierung dessen, was heute Biopolitik(en) genannt wird. Die damit etablierte Relation von Staat, Sanität und Bewegungskontrolle kommt anschliessend mit Blick auf Bootsflüchtlinge im Mittelmeerraum als aktuelle Problematik wieder ins Spiel. [5]

Während Hobbes und der Leviathan vertraute Gäste im Themengebäude ‚Politik und Bilder’ sind, sucht man darin meist vergebens nach John Locke, der als pater familias des Liberalismus gilt. [6] Falk stellt ihn ganz an den Anfang ihrer Darstellung. [7] Dort zeigt sie eindrücklich, welcher Erkenntnisgewinn darin liegen kann, vermeintlich Altbekanntes anhand neuer Paradigmen zu betrachten. Wenn Bilder als visuelle ‹Verdichtungen› verstanden werden können, liegt der bildkritische Gedanke nicht fern, nach der Funktion von Leere für Bilder zu fragen. Falk stellt an das Locke‘sche politische Denken, wie es in den Two treaties dargelegt ist, genau diese Frage. So kommt sie zu einer erhellenden Darstellung der «konstitutive[n] Funktion der Leere in Lockes Liberalismus». [8] Eine imgaginierte räumliche Leere, projiziert insbesondere auf das frühkoloniale ‹Amerika›, war dessen Gründungsfiktion, um privates (Boden-)Eigentum und freiheitliche Gemeinschaftsordnung zusammen denkbar zu machen. Das Ideologem des leeren Raumes war die notwendige Bedingung, um die Idee der freiwilligen Zustimmung in einen liberalen Gesellschaftsvertrag propagieren zu können. Denn diese Freiwilligkeit erfordert eine „Exit-Option», wie Falk sie nennt: die Option, nicht zuzustimmen und auf einem anderen Territorium eine alternative Vergesellschaftungsform realisieren zu können. [9]

Wie ambivalent die Vorstellung eines leeren und grenzenlosen (kolonialen) Raumes war, zeigt die Autorin unter anderem anhand des US-Fotografen Carleton Watkins im 19. Jahrhundert. [10] Seine Fotografien des Yosemite-Nationalparks waren Teil des Bildwissens einer menschenleeren «Augenweide» Amerika. [11] Die Autorin zeigt, dass Bilder Watkins’ auch zu den ersten gehörten, die in den USA juristische Verwendung fanden und zwar – ausgerechnet – in einer kalifornischen Grenz- und Landrechtsstreitigkeit [Abb. 2].

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