N.M.: Ja, Dieter Roth war ganz wichtig für mich, gerade für die Unmittelbarkeit, das Prozesshafte, das Vielzeichnen, die Beweglichkeit. Die beeindruckende Reihe von Hansjörg Mayer mit dem Bücherwerk von Dieter Roth, die es damals schon in der Hochschulbibliothek gab, war eine grosse Inspirationsquelle für mich. Ich zeige meinen Studenten heute noch Arbeiten von Dieter Roth. Er ist wirklich nach wie vor aktuell!
T.H.: Es freut mich, dass Ihnen Roths Werk so viel bedeutet hat und noch bedeutet. Ich wusste und ahnte das nicht. Es ermöglicht uns auch einen guten Einstieg in die motivisch-thematische Arbeit unseres Gesprächs: das Leitmotiv ist also die Händigkeit der Zeichnung. Wahrscheinlich lässt sich sagen, dass die Zeichnung als historische Gattung und das Zeichnen als ein wichtiges bildnerisches Dispositiv – vor allem in den Konstellationen der Renaissance und paradigmatisch vielleicht bei Leonardo – zu einem wirklich entscheidenden Medium der Bildfindung wurde. Dies gilt gerade auch für die theoretischen Schriften, die Traktate und die kunsttheoretische Reflexionsarbeit. Die Hand wird in der frühen Neuzeit nicht selten als docta manus verstanden, als «gelehrte Hand» oder als ein «zerebralisiertes Organ» und damit analog zu einem hypostasierten Geist im Singular gesetzt. [2]