Wiederholung und Widerstand - Zeichnung als Krisis
Vergänglichkeit, Bewegung, Wandelbarkeit sind zu Konstanten meiner Arbeit geworden. Die Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen, die Verknüpfung von Disparatem, das Umbenennen von Gültigem öffnen mir auf dem Papier schwankende Räume. Das Eine ist das Andere, die Nähe fern, das Selbstverständliche fragwürdig und das Uneigentliche das Eigentliche. Auswählen, Weglassen und Wegnehmen, Isolieren, Überlagern, Verdecken, Vertauschen, Wiederholen sind Verfahrensweisen, mit denen ich meine Gedanken, das nicht Sichtbare, die bildlosen Anfänge mit dem Sichtbaren verbinden und vor Augen führen kann. Dabei ist mir die Linie mit ihren Möglichkeiten wesentlich, ebenfalls das Serielle, die sich im Nacheinander entfaltenden Variationen eines Ansatzes bzw. einer Denkfigur. Die Zeichnungen denke ich in Zusammenhängen, ein ständiges wechselseitiges Befragen. Es gibt kaum Einzelzeichnungen, sondern immer Gruppen oder Serien. Das Zeichnen ist eine Erfahrung.
T.H.: Es freut mich, dass sie noch einmal auf die Erfahrung beim Zeichnen, die Erfahrung der Zeichnung zurückkommen. Zum Abschluss passt daher vielleicht ein Zitat von Cy Twombly: «Jede Linie nun ist die aktuelle Erfahrung mit ihrer eigenen eingeborenen Geschichte. Sie illustriert nicht – sie ist die Empfindung ihrer eigenen Verwirklichung.» Im Englischen ist es besser: «Each line is now the actual experience with its own innate history. It does not illustrate – it is the sensation of its own realisation.» [7]
N.M.: Sehr schön. Erfahrung und Realität. Die Realität zeichnend erfahren. Das versuche ich eben. Die Realität ist eine Realität, und die Zeichnung ist eine Realität, aber eben eine andere. Und jede Zeichnung hat die ihr eigene Realität. Das ist mir wichtig. Die Zeichnung ist eine Realität mit anderen Bedingungen und vielleicht auch anderen Möglichkeiten.