>>
 

Im Abstand von 80 Jahren begleiten die Filme von Cürlis und Richardson damit nicht nur zwei verschiedene Zeichenszenen; sie dokumentieren auch zwei unterschiedliche Weisen, die Händigkeit der Zeichnung zu denken und zu praktizieren. Für seine Subway Drawings ging Anastasi nicht mehr in ein Atelier, sondern begab sich selbst, wie die Linie auf dem Zeichenpapier, in der New Yorker oder Londoner Metro auf eine zeichnerische U-Bahn-Fahrt um ihrer selbst Willen.
Wir sehen, wie Anastasi in der Horizontalen auf einem Block zeichnet, der auf seinen Knien aufliegt [Abb. 3], die Füsse sind parallel ausbalanciert, der Rücken nicht angelehnt, die Augen zumeist geschlossen. Nachdem sich die Metro in Bewegung gesetzt hat, richtet Anastasi den Stift im rechten Winkel auf. Die linke Hand sorgt zunächst noch für Stabilität; später wird gewechselt, bis Anastasi schliesslich zum Schluss beidhändig zeichnet. Durch Hand und Stift entstehen durch die kontinuierliche Vibration der beschleunigenden und bremsenden U-Bahn fein ziselierte Linien und Liniencluster [Cover]. Künstler, Instrument und Umwelt bilden so das Dispositiv einer leiblich-technischen Apparatur in Bewegung, eines Seismographen.

<<  Ausgabe 03 | Seite 12  >>