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Was in dem Augenblick geschieht, wo sich die markierte und eingefärbte Druckplatte abdrückt, kann unmittelbar weder beobachtet noch kontrolliert werden; es spielt sich in einer raumlosen Finsternis ab, die Augen und Händen gleichermassen verschlossen bleibt. Nur dann, wenn die Hand selber zur Druckplatte wird, kann sie sich unmittelbar in den Druckvorgang einmischen und im entscheidenden Moment an Ort und Stelle des Abdrucks sein. Es entsteht dann freilich keine Zeichnung, sondern ein Handabdruck. In allen anderen Fällen bleibt die Hand vom Geschehen der druckgraphischen Bildwerdung ausgeschlossen. So gesehen, kann jede Druckgraphik, so viele Handgriffe zu ihrer Herstellung auch nötig sein mögen, als ein nicht von (Menschen-)Hand, ja unter Ausschluss der Hand gemachtes graphisches Bild angesehen werden.

Im Kupferstich des Raffael im Mantel setzt Marcantonio Raimondi diesen Ausschluss der Hand dezidiert in Szene [Abb. 1]. Die Dimension der konkreten manuellen Ausführung wird ausgeblendet, da die Hände, die den künstlerischen Entwurf fixieren, gänzlich unter dem schweren Stoff verborgen sind. Es geht offenbar um eine Konzeptualisierung und Zurschaustellung der geistigen Bildfindung, eine Deutung, die durch Raffaels sinnierend ins Leere gerichteten Blick unterstützt wird [2].

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