>>
[3]

Vgl. Joseph Leo Koerner, The Moment of Self-Portraiture in German Renaissance Art, Chicago/London 1993, S. 96.

 

Dass Raimondi in einer selbstreflexiven Geste auch auf die dem Medium der Druckgraphik inhärente Abwesenheit der Hand verweist – was in der Verhüllung der künstlerischen Hand(lung) seinen prägnanten Ausdruck findet – ist keine abwegige Vermutung, wenn man bedenkt, das dasselbe Problem, die Negation der Künstlerhand im Prozess der druckgraphischen Bildwerdung, damals auch andere bedeutende Künstler beschäftigt hat.

Als Albrecht Dürer einmal eine Radierung anfertigte, welche die von einem Engel präsentierte vera icon zu sehen gibt, brachte er die Analogie zwischen dem heiligen Gesicht im Tuch (Paradigma eines nicht von Menschenhand gemachten Bildes) und der Graphik auf dem Blatt Papier eindringlich zur Evidenz [Abb. 2]. [3]

Beim Betrachten dieser Radierung wird deutlich: Wie das im graphischen Blatt dargestellte Tuch, muss auch das Blatt selber mit einem Urbild in Kontakt gekommen sein, und als dies geschah, war es nicht irgendeine Hand, welche die Farbe oder den Schweiss auf das Blatt oder Tuch übertrug, sondern das Urbild selber hat da etwas von sich ab- und weitergegeben. Man weiss, wie wichtig solche Bezüge später auch für die Photographie werden sollten.

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