Die flache Hand dagegen, die man bezeichnenderweise auch Handfläche nennt, steht in einer engeren Beziehung nicht nur zum Drucken, sondern vor allem auch zum flachen Grund, auf den etwas gedruckt, gezeichnet oder sonst wie aufgetragen werden kann. Sie ist nicht zuletzt ein Organ des Glättens von Oberflächen. Als ein solches Organ hat sie zur Bereitung jener Gründe beigetragen, die von Handabdrücken, Handzeichnungen und anderen Graphien immer schon vorausgesetzt werden. [6]
So ist es möglich, in der flachen Hand den Grund, in den Fingern Zeicheninstrumente, in ihrem Zusammenspiel die ganze (?) Zeichnung wieder zu finden. Zugleich darf vermutet werden, dass die Hand durch das Bereiten, Bezeichnen, Beschreiben und Bedrucken von Gründen allererst zu dem wurde, was sie uns heute ist. Diese wechselseitige Beziehung von Hand und Graphie, Hand und Zeichnung, ist vielleicht einer der Gründe, weshalb man nicht nur in der Hand die Zeichnung, sondern auch umgekehrt: in der Zeichnung die Hand wiederfinden möchte. Man ist es immer noch gewohnt, in Zeichnungen und Skripten nach einer kultivierten, durch Zeichnen und Schreiben gebildeten Hand zu suchen und spricht, wenn die betreffenden Erwartungen enttäuscht werden, von einer Klaue oder Kralle.
Zeichnungskenner und ihre Kunden begehren, zur Zeichnung allererst den Zeichner zu finden wie zur Kralle den dazugehörigen Löwen – wobei sie aber gerade nicht an etwas Animalisches, sondern an die Kultur einer ganz bestimmten menschlichen Hand denken, die ihnen zur Metonymie eines schöpferischen (oder sogar: des schöpferischen) Menschen gerät. Oder ein Künstler—Raffael—schickt einem anderen—Dürer—eine (eigenhändige?) Zeichnung, woraufhin dieser zu dem Schluss kommt, der andere habe dies getan, um ihm «sein hand zu weisen». [7] Was für eine Hand? Eine geschickte oder gelehrte Hand vielleicht. Oder, allgemeiner, eine bestimmte Machart, eine spezifische Manier.
Die Hand, die weisen oder zeigen kann, kann unter anderem eben auch zeichnen und auf Gezeichnetes weisen oder zeigen. Mehr noch, sie kann sich durch das von ihr Gezeichnete selber weisen oder zeigen, vielleicht sogar die Weise ihres Zeigens zeigen. Dies ist freilich nicht ohne ein gewisses metonymisches Gleiten möglich. In gewisser Weise ist die Hand, die sich in der Zeichnung weist oder zeigt, gar nicht mehr sie selber, sondern sie wird zur Metonymie von etwas Anderem, beispielsweise von einem bestimmten Körper, einer bestimmten Person, einem bestimmten Autor oder Stil oder von einem bestimmten Begriff des schöpferischen Menschen und seines Geistes.