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Wir kennen die Händigkeit nicht zuletzt von der Links-, Rechtshändigkeit, von der Ein-, Beid- und Vielhändigkeit. Wer also nach der Händigkeit der Zeichnung fragt, wird sich nicht nur dafür interessieren, wem die betreffenden Hände gehören, auf welche Personen, Autoren- oder andere Namen sie weisen, sondern er oder sie wird auch wissen wollen, wie viele Hände mit im Spiel sind und ob es sich um rechte, linke, beide oder vielleicht sogar überzählige Hände handelt.

Werfen wir einen Blick auf eine prominente Hand im Zeichenprozess: die Hand von Wassily Kandinsky [Video 1].

Der Kurzfilm entstand 1926 in Kandinskys Berliner Galerie Nierendorf und war Teil des Zyklus Schaffende Hände von Hans Cürlis. Der Berliner Regisseur hatte in den 20er Jahren neben Kandinsky auch die ‹Schaffende Hände› anderer Künstler und Künstlerinnen gefilmt, wie etwa Lovis Corinth, Max Liebermann, Käthe Kollwitz, Max Slevogt, Alexander Calder, Max Pechstein oder Otto Dix. Dabei war der Titel wörtlich zu nehmen: Cürlis ging es um die Arbeit der Hände. Eine «Kulturforschung» sollte mit den Mitteln des Films dieses Schaffen dokumentieren. [17] Hans Cürlis hatte zunächst in Kunstgeschichte mit einer Arbeit über das Verhältnis von Vorzeichnung und Druck bei Dürer promoviert. [18] Das Kulturfilmprojekt Schaffende Hände kann somit auch als ein Versuch verstanden werden, das traditionelle Studium der Handzeichnung und Druckgraphik um eine Erforschung der Händigkeit der Zeichnung zu bereichern. Betrachten wir nun den zeichnenden Kandinsky, so fällt unmittelbar auf, dass nur eine Hand, die eine Hand des Künstlers im Mittelpunkt der Zeichenszene steht.

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