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David Espinet über
Jean-Luc Nancy, Le Plaisir au dessin, Galilée, Reihe «Écritures/Figures», Paris 2009, 136 S. ISBN 978-2-7186-0801-3

«L’amour, dit-on, fut l’inventeur du dessein.» (J.J. Rousseau)

«Die Zeichnung ist die Öffnung der Form (Le dessin est l’ouverture de la forme)» – mit dem Satz, der alles Kommende entwirft und doch nicht restlos preisgibt, setzt Jean-Luc Nancys Essay Le Plaisir au dessin (Die Lust an der Zeichnung) ein. [1] Das Buch, das aus einem kürzeren Text anlässlich der gleichlautenden Ausstellung am Musée des Beaux-Arts in Lyon 2007-2008 hervorgegangen ist und worin einige der Zeichnungen abgebildet sind, [2] muss als Essay gelesen werden: obwohl der Text aus sechzehn meist knappen Einzeltexten besteht, zeichnet ihr Autor darin eine freie, in Rückwendungen aber stets sich selbst einholende Gedankenlinie. Auf jeden der Textabschnitte folgt ein «Skizzenbuch» bestehend aus Zitaten philosophischer, literarischer und künstlerischer Provenienz, die von Leonardo bis Baselitz, von Plotin bis Badiou und von Stendhal bis Bonnefoy reichen. In ihrer unbestimmten Verbundenheit zum Haupttext entfalten diese Textschnipsel allerlei anregende Resonanzen.

Nicht nur den sechzehn Skizzenbüchern und den sieben Abbildungen, auch dem Haupttext selbst ist die zeichnerische Form deutlich ablesbar. So verzichtet Nancy in der Entfaltung seines Gedankens in aller Regel auf einen aufwändigen Nachweis- und Diskussionsapparat der verarbeiteten Texte und Positionen. Platon, Aristoteles, Spinoza, Burke, Kant, Hegel, Valéry, Freud, Adorno, Heidegger, Merleau-Ponty, Bataille, Lacan, Deleuze, Blanchot, Derrida, Lacoue-Labarthe ... – der Leser darf dankbar sein, dass der mehr oder minder offenkundige Intertext zumeist nicht in Zitate und langatmige Diskussionen verkeilt wird.

Ausgabe 03 | Seite 166  >>