>>
[9]

Ebd., S. 3.

[11]

Zitiert in: Coosje van Bruggen, Bruce Nauman. New York 1988, S. 107.

[12]

Ebd., S. 107.

 

Nauman vermeidet es, mit der rechten, seiner üblicherweise dominanten und virtuosen Hand, sein Können, das er mit Leichtigkeit hätte demonstrieren könnte, vorzuführen. Man vergleiche hier etwa die frühen Zeichnungen, die mithilfe der Zentralperspektive und differenzierter Helldunkelmodellierung Objekte illusionistisch darstellen [Abb. 5].

Die zeichnende rechte Hand nimmt sich zurück, damit das fehlende Können der linken Hand nicht auffällt. Damit erscheinen beide Hände gleichberechtigt. Der Künstler gab in einem Interview offen darüber Auskunft, wie er vorgegangen ist, und doch scheint die Zeichnung den Handwechsel zu kaschieren. [9] Wir können ein Leugnen der Dominanz der rechten Hand zugunsten einer gleichberechtigten Kollaboration beobachten. [10] Diese Zusammenarbeit der Hände geschieht auf der motivischen Ebene und derjenigen des Zeichenprozesses. Die genialistische Virtuosität und die dominante Schöpferrolle der rechten Hand werden der Emanzipierung der linken Hand geopfert.

Das Vernachlässigen oder gar das Vertuschen des zeichnerischen Könnens geht bei Nauman mit der Strategie einher, den Zeichenprozess dann abzubrechen, wenn die Idee genügend zum Ausdruck gebracht ist. Deshalb wirken die meisten seiner Blätter unfertig: «I do a lot of drawings where I indicate the major course of the drawing and finish only certain parts in detail.» [11] Diese Arbeitsweise zeigt sich nicht nur in den Zeichnungen, sondern auch in den Plastiken, erstmals 1966 mit den Fiberglas-Objekten, auf denen er übrigens Fingerspuren hinterliess: «It seemed to me that when the point was made clear you could just quit, you didn’t need to belabor it.» [12] So hat er auch in den gezeichneten Händen nur einzelne Finger oder einmal eine ganze Hand mit einer Binnenstruktur versehen.

Interessant bezüglich des Zeichnungsdispositivs ist hier der Umstand, dass es sich um Radierungen handelt. Man kann davon ausgehen, dass der Künstler die Modellhand nicht auf die Platte legte, um sie zu zeichnen, um den weichen Ätzgrund auf der Oberfläche nicht zu verletzen und keine ungewollten Spuren zu hinterlassen. So muss er die Hand in der Luft gehalten haben, während die andere sie zeichnete. Weil die Platte ungefähr 40 x 45 cm gross war, ist es nur schlecht vorstellbar, dass er sie daneben auf den Tisch gelegt hat, denn diese Körperhaltung wäre zu unbequem gewesen. Einige Darstellungen zeigen denn auch komplexere räumliche Konstellationen der Hände, die sich ohnehin nur frei im Raum ausüben lassen [Abb. 9].

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