>>
[67]

Ebd., S. 18.

[68]

Vgl. ebd., S. 17; Hooke, Lectures of Light (Anm. 55), S. 121.

[70]

Hooke, Instrument of Use (Anm. 39), S. 294.

[71]

Vgl. Hooke, Micrographia (Anm. 9), Observ. XLVII, S. 198ff. u. Schem. XXXI, Fig. 1.

 

«Soe that by Degrees man has arrived, by meanes of the instruction which he has been taught by the experience of himself & others, to a great perfection in judging of the true forme of the seales, from the various impressions that are made by them upon his sensible parts.» [67]

Hookes Sicherheit in der Auffindung der «wahren Gestalt» der Dinge unter seinem Mikroskop beruhte demnach auf der Annahme, dass es auch im Fall der instrumentell verstärkten Wahrnehmung letztlich nur eine Frage der hinreichenden Erfahrung war, um den Wahrheitsgehalt der Beobachtung zu bestimmen. Dem lagen zwei Voraussetzungen zugrunde, an deren Akzeptanz sich die Legitimität optischer Instrumente grundsätzlich entschied: Zum einen, dass dem Menschen die Sinne nicht grundlos gegeben sind, sondern dass er aus göttlichem Willen die prinzipielle Möglichkeit besitzt, «wahre Gestalten» zu erkennen. [68] Zum anderen, dass das Mikroskop lediglich eine Verlängerung eines dieser Sinne darstellt und sich die Wirklichkeit der Dinge in seinen Mikrostrukturen mit etwas Aufwand letztlich ebenso evident mitteilt wie dem unverstärkten Sehen in seinen gewöhnlichen Dimensionen. [69]

Es ist weder dem Zufall noch der Nachlässigkeit zuzurechnen, dass Hooke in der Micrographia darauf verzichtet, seine erkenntnistheoretischen Annahmen im Zusammenhang mit seiner Schilderung des Zeichnens vorzustellen. Die Einführung einer aktiv auswählenden Instanz wie der Erfahrung hätte an dieser Stelle die emphatische Rede von «getreuer Hand» und «zuverlässigem Auge» als allein notwendiger Mittel einer wesentlich auf erkenntnishaltige, «objektive» Bilder zielenden Wissenschaft schlichtweg untergraben. Um den keineswegs selbstverständlichen Status der Bilder als isomorphe Abbilder konkreter Objekte zu wahren, musste der Eindruck, an ihrer Entstehung könne jene (künstlerische) Einbildungskraft beteiligt sein, die Hooke im Fall der nachträglichen Illustrationen von Reisebeschreibungen kritisierte, unbedingt vermieden werden. [70]

Der Rhetorik phantasieloser Empirie entspricht in den Bildern der Micrographia die betont singuläre Erscheinungsweise der dargestellten Objekte. In geradezu radikaler Weise zeigt sich die ostentative Verweigerung gegenüber möglichen Idealisierungen in der Darstellung eines Weberknechts (Shepherd-Spider), dem die Hälfte seiner acht Beine fehlt [Abb. 1]. [71] Diese Verstümmelung, die Hooke im Text nicht erwähnt, besitzt keinerlei epistemischen Wert hinsichtlich der Morphologie des Tiers, sondern dient ausschliesslich dem Realitätscharakter des Bildes als authentischem Abbild eines konkreten Exemplars.

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