Die demonstrative technisch-maschinelle Herkunft «objektiver Bilder» kaschierte vielfach den menschlichen Anteil an deren Genese durch eine angebliche Freiheit von den Störungen und Kontingenzen des Subjektiven. Dies zeigt sich insbesondere dort, wo die unhintergehbare ‹Händigkeit› des Zeichnens durch die Behauptung einer technisch-mechanischen Leitung rhetorisch marginalisiert wurde. Für ein Verständnis «objektiver Bilder» und ihrer weit über den Diskurs der Wissenschaften hinausreichenden Wirkungen ist es somit hilfreich, diese frühen Strategien der Verifizierung des Bildes in ihren Diskursen über die Bildgenese zu untersuchen.
Exemplarisch soll dies im diskursiven Kontext von Robert Hookes (1635–1703) Micrographia: Or Some Physiological Descriptions of Minute Bodies Made by Magnifying Glasses (1665), einem der prominentesten Werke aus der Frühgeschichte des wissenschaftlichen Bildes, gezeigt werden. Die Micrographia war nicht nur die erste umfangreiche und aufwändig bebilderte Abhandlung über die allein im Mikroskop sichtbare Oberflächenbeschaffenheit kleinster Objekte, sie enthält in ihrer Vorrede zudem eine wissenschaftstheoretische Programmatik, die nicht zuletzt in Bezug auf den Status des Bildes als Medium der Naturforschung aufschlussreich ist.
Hooke, dem seitens der Wissenschaftsgeschichte in den letzten Jahrzehnten aufgrund seiner Rolle in der Frühphase der Royal Society und in der Etablierung der wissenschaftlichen Experimentalpraxis grosse Aufmerksamkeit zuteil wurde, erweist sich mit seinen Ausführungen zur Technologie der Bildproduktion als aufschlussreiche Figur, an der sich Zusammenhänge von Wissenschaft und Kunst in Bezug auf die Idee von «objektiven Bildern» festmachen lassen. Neben den Bildern der Micrographia finden sich in Leben und Werk Hookes zahlreiche Bezüge zum Kunstdiskurs der Frühen Neuzeit, die in der Forschung nicht gänzlich unbekannt sind, bislang jedoch nur in eingeschränktem Masse für die Untersuchung seiner wissenschaftlichen Arbeit und insbesondere des zugrundeliegenden Bildverständnisses herangezogen wurden. [6] Bereits zeitgenössische Lebensbeschreibungen Hookes, wohl von diesem selbst lanciert, berichten von künstlerischem Talent und professionellem Unterricht in Zeichnen und Malerei. [7] Vor allem aber der heute bekannte Bestand seiner Bibliothek macht deutlich, dass Hookes self fashioning als begabter Zeichner begleitet war von einem ausgeprägten Interesse an Kunstliteratur. [8] Mehrere Dutzend kunsttheoretische, technische und antiquarische Werke, darunter auch die Schriften von Leon Battista Alberti (1404–1472), Leonardo da Vinci (1452–1519), Giorgio Vasari (1511–1574), Albrecht Dürer (1471–1528), Abraham Bosse (1604?–1676), Cesare Ripa (ca. 1555–1622), Vincenzo Cartari (1531?–1569) und Franciscus Junius (1591–1677), sowie eine Reihe populärer Kompendien mit kunsttechnischen Passagen lassen sich nachweisen.