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William Kentridges Felix in Exile

The animation film of South-African artist William Kentridge Felix in Exile (1994) is made up of an idiosyncratic video-graphic technique combining charcoal drawing with photography, in other words, the graphic technique of the trace with the photographic imprint. This article investigates how the artist creates a unique aesthetics that is inspired by and deals with the logic of ‹Apartheid› in the interplay of trace and imprint, or hand and eye. The video-graphic ‘aesthetics of apartheid’ is developed into a tool of critical analysis that allows combining the political order of the South-African regime with the artistic practice of film-making. In doing so, Kentridge’s video-graphy is understood as the articulation of a set of responsibilities, including the task of remembering and of overcoming repressive strategies of isolation and separation, both in a political and in an aesthetic manner.

‹Video-Graphie›

In den 1990er Jahre stellt der südafrikanische Künstler William Kentridge (*1955) eine Serie von handgezeichneten Animationsfilmen her, die er unter dem Titel Drawings for Projection (1989–2003) versammelte. Einer dieser Filme, vielleicht der bekannteste, ist Felix in Exile (1994). [1] Musikalisch untermalt mit dem finsteren soundscape von Philip Miller, einem Dialog zwischen klagendem Gesang und schweren Streichern, [2] blendet der Film eine ebenso triste Landschaft ein. Grau und leblos dehnt sich eine weite Ebene aus, eine Abraumhalde am Horizont; hier und dort stehen Pfähle wie abgestorbene Bäume um ein Wasserloch.

Vor dem Hintergrund dieser Landschaft findet sodann — immer noch im Modus des Animationsfilms — eine Zeichenszene statt: Eine Hand hält einen Stift und zieht mit sicherem Zug einen Strich auf einem blanko Blatt Papier, der entsprechend dem Duktus von Handschrift ein wenig krumm ausfällt. Dann hebt die Hand ab und fährt, wie von einem mechanischen Hebel geführt, mit einem kurzen Luftzug zu einer noch unberührten weissen Stelle weiter rechts auf dem Papier, um dort die Stiftspitze wieder aufzusetzen und einen weiteren Strich zu ziehen. Ein dritter Strich folgt weiter unten nach demselben Verfahren, das Handwerk und Mechanik in einer merkwürdigen Weise verzwirnt. Nach und nach werden die Striche mit schnellen, sicheren Zügen auf dem Papier eingepflanzt, wo sie wie die in den Boden gerammten Pfähle in der Landschaft stehen, die das Setting der Zeichenszene bildet.

Ausgabe 03 | Seite 89  >>