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Die Tücken der Übersetzung erörtert Derrida in seinem Essay über die Babylonischen Türme anhand der Struktur des Eigennamens. Derrida legt dar, dass das Funktionieren des Eigennamens darauf beruht, dass er die Übersetzung verbietet. In dieser Hinsicht müsse er sich von einem übersetzbaren Gattungsnamen unterscheiden. [16] Anders gesagt, kann man ‹Müller› als Gattungsname mit ‹meunier› übersetzen, aber ‹Herr Müller› darf man nicht ohne Weiteres ‹Monsieur Meunier› nennen.

Es mag ein Zufall sein, dass der Eigenname ‹Felix› ein geradezu prototypisches Beispiel für Derridas Theorie der Übersetzung liefert. Denn zum Einen ist ‹Felix› ein Wort, das in seiner Eigenschaft als Gattungsname durchaus eine übersetzbare Bedeutung hat und ‹glücklich› heisst. Als Eigenname ist ‹Felix› aber unübersetzbar. Diese Unterscheidung zwischen Eigenname und Gattungsname, die Felix als einzigartiges Individuum ausweist, wird aber durch das Prinzip der Singularität des Einzelnen selbst unterlaufen, der, um eine weitere Bedeutung von ‹Apartheid› ins Spiel zu bringen, ‹ausgefallen›, ‹ungewöhnlich› und einzigartig ist. Das Funktionieren des Eigennamens setzt einen nicht hintergehbaren Bezug auf den Einzelnen voraus, eine hermetische Beziehung zwischen Name und Ich nach dem Prinzip der Isolation oder des Exils. Ebendieses ‹Exil› trägt ‹Felix› als einen verbotenen, verborgenen, anagrammatischen Rest in sich.

Indem ‹Felix› als Eigenname auf seine Unübersetzbarkeit beharrt und sich in seine Einkapselung zurückzieht, tritt paradoxerweise sein Exil gerade als bedeutungshafte und übersetzbare Dimension des Eigennamens hervor. Die Unterscheidung zwischen Eigenname und Gattungsname verwickelt Felix in eine Schleife einer strukturellen Unmöglichkeit, die die Übersetzung zugleich gebietet und verbietet, ganz so wie Derrida es in den Babylonischen Türmen beschreibt. Felix artikuliert das Exil und verbietet es zugleich. Aus dieser Schleife gibt es kein Entkommen. Darin liegt das Verderben der Apartheid, nämlich dass sie an ihrem eigenen Gesetz der Unübersetzbarkeit zugrunde gehen muss.

Disegno

Das Buchstabenpuzzle des Filmtitels beruht auf dem Anagramm, also auf dem technischen Mittel einer ‹Um-Schrift› (aná grámma), die die bestehende Ordnung der Buchstaben so umstellt, dass zwar ein Wort verschwindet, ohne dabei aber final verloren zu gehen, sondern in seinem Nachhall entsteht eine neues Wort und damit auch neue Sinnzusammenhänge. Kentridges ‹Video-Graphie› ist auch so eine Umschrift. Wenn sie auch im engeren sprachwissenschaftlichen Sinne keine Schrift ist, so ist sie doch ein Inskriptionsverfahren, eine Graphie (gráphein: ritzen, schreiben).

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