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Zu sehen war das Foto von Aliaa Magda Elmahdy zunächst als Teil einer Bilderfolge auf ihrem Blog «A rebel’s diary» (arabisch: مذكرات ثائرة). Es zeigt die zum Zeitpunkt der Veröffentlichung 20-jährige Kunststudentin grösstenteils unbekleidet. Sie trägt lediglich Spitzenstrümpfe, Schuhe und eine Schleife im Haar. Den rechten Fuss auf einen Hocker gestützt scheint Elmahdy dem Betrachter direkt in die Augen zu blicken. Ihr Blick ist ernst, jedoch verrät ihr Gesichtsausdruck nichts von der Wut, die in ihren Texten aufscheint. Das Rot von Schleife und Schuhen fällt deshalb sofort ins Auge, weil das Foto im Übrigen in Schwarz-Weiss gehalten ist. Im Grunde scheint es ein Relikt vergangener Tage zu sein und Elmahdy stellt den Bezug zu den Aktmodellen der 1970er Jahre in ihrem Kommentar zum Foto auch explizit her. Die farbliche Nachbearbeitung, jedoch, verhindert die klare Zuordnung des Fotos zu einem historischen Kontext. Der Betrachter wird aufgeschreckt und für die Brisanz des Bildes sensibilisiert.

Tatsächlich spielten in der durch den Blogeintrag entstehenden Bildkontroverse sowohl die Referenz an Aktmodelle in ägyptischen Kunsthochschulen der 1970er Jahre als auch der bildimmamente Farbkontrast eine wichtige Rolle. Die Spannung, welche dem Porträt Elmahdys dadurch verliehen wurde, verwandelte es in einen Knotenpunkt des Diskurses, der die Transformation des Sozialen in Ägypten thematisiert. Für uns stellt diese Bildkontroverse einen Ausgangspunkt dar, von dem aus wir uns dem Phänomen Streitbild widmen möchten.

Eine eingehende Analyse von Streitbildern macht unserer Meinung nach nur Sinn, wenn sowohl der Entstehungskontext des Bildes als auch die Umgebung, in dem bzw. in der es erscheint, näher betrachtet werden. In unserem Falle wurde das Originalfoto von mehreren Bildern flankiert.

Ein zweites Bild zeigt das Original in drei nebeneinander angeordneten Varianten, wobei ein gelber Zensurbalken je einmal Augen, Mund und Schambereich verdeckt und somit symbolisch auf die Zensur von Wissen, freier Meinungsäusserung und Sexualität Bezug genommen wird. [1] Neben den beiden Bildern von Elmahdy stehen sechs weitere Bilder, auf denen die Protagonistin nicht zu sehen ist. Andere nackte Körper sind auf diesen Bildern zu sehen, verschiedene Personen in unterschiedlichen Posen – doch immer nackte Körper. Mehr noch als das einzelne Foto von Elmahdy erzeugt die Bilderfolge in ihrer Gesamtheit eine politische Botschaft, die Elmahdy in der Folge, transformiert in Worte, über verschiedene Kanäle sendete.

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