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Danach widmet sie sich der römischen Religionspolitik, deren Veränderungen während der Kaiserzeit und deren Radikalisierung durch Caligula, der sich nicht mehr um einen Konsens mit dem Senat bemühte und eine geradezu ‹absolutistisches› Verständnis seiner Regierung vertrat. Dieser unbedingte Alleinherrschaftsanspruch des Kaisers traf nun auf das unbedingte Bilderverbot der jüdischen Religion, und dass es nicht zu einer Eskalation kam ist einzig der Tatsache zu verdanken, dass Caligula ermordet wurde. Der Befehl zur Aufstellung der Statue wurde von seinem Nachfolger wohlweisslich widerrufen. Mit ihrem Hinweis, dass beide Religionen, die jüdische wie die römische, politische Religionen waren, zeigt Schweinfurths Beitrag, dass Kontroversen über religiöse Bildpraktiken oft nur vor dem Hintergrund politischer Machtansprüche verständlich werden. Damit macht sie deutlich, dass Streitbilder überdeterminiert sind: ihre Sprengkraft erwächst daraus, dass sie Verdichtungen von Bedeutungen, Semantiken und Machtbeziehungen darstellen, die sich nicht auf einfache Formeln - etwa Monotheismus versus Polytheismus - reduzieren lassen.

Die Beiträge von Maria Lane und Cornelius Borck widmen sich wissenschaftlichen Bildkontroversen, greifen die Überdeterminiertheit von Bildkontroversen aber wieder auf. Bei Lane geht es um einen aus heutiger Sicht merkwürdigen Streit, nämlich die Debatte über die Existenz von Kanälen auf dem Planeten Mars, die um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert großes Aufsehen erregte. Anstatt diese Episode der Astronomiegeschichte als Irrtum und (Selbst-)Täuschung abzutun, nimmt Lane die Ansprüche der Akteure ernst und rekonstruiert die Voraussetzungen, die überhaupt zu diesem Streit geführt haben. Diese findet Lane in der Kultur der Kartographie: Astronomen eigneten sich die Verfahren, aber auch die Selbststilisierung von Entdeckern und Geographen an und verfertigten immer detailliertere Karten der Marsoberfläche, in die sie in Analogie zu irdischen Karten Gebietsnamen eintrugen und Landmarken festhielten. Durch seinen kulturellen Status erwies sich der kartographische Stil von Giovanni Schiaparelli als stärker als der vorsichtigere Zeichenstil von Nathaniel Green, und die Karte wurde zum hegemonialen Repräsentationsmittel der Planetenoberfläche.

Percival Lowell machte sie schließlich zum Symbol für seine These von der Existenz einer überlegenen Zivilisation auf dem Mars, die die in den Karten verzeichneten Kanäle zur Bewässerung der Wüstenlandschaften angelegt hätten. Ironischerweise waren es aber Lowells Bemühungen, seinen Karten durch den Einsatz neuer Aufzeichnungstechnologien noch mehr Autorität zu verleihen, die zum Untergang des kartographischen Stils beitrugen: Denn auf den Fotographien, die Lowell mühsam anfertigte, war zwar kaum etwas zu erkennen, da er aber deren Objektivität so sehr lobte, unterminierte er gleichzeitig den Objektivitätsanspruch seiner Karten.

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