Ab dem frühen 20. Jahrhundert verloren die Karten ihren privilegierten Status, und bildliche Autorität wurde nun einzig den detailarmen Fotographien zugesprochen. Die Karten verwandelten sich von kontroversiellen Darstellungsmitteln zu Ikonen des wissenschaftlichen Irrtums.
Wie im Falle der Kontroverse um Kanäle auf dem Mars sind es auch im Beitrag von Cornelius Borck nur oberflächlich die Bilder, die das Epizentrum der Kontroverse bilden. Zwar stehen funktionelle Hirnbilder im Mittelpunkt der Debatte um ‹Voodoo Correlations in Social Neuroscience› stehen. Diese nimmt ihren Ausgang von einem Vorwurf, der 2008 von einigen Neurowissenschaftlern gegenüber der Bildpraxis in ihrem Forschungsgebiet erhoben wurde.
In der Debatte, die aufgrund ihrer Komplexität eine Fachdebatte geblieben wäre, ging es eigentlich nicht um die Bilder an sich, sondern um die falsche Anwendung statistischer Methoden in der Bildproduktion. Der äusserst bildhafte Titel ‹Voodoo Correlations› brachte der Debatte allerdings erhöhte öffentliche Aufmerksamkeit und verwandelt sie ganz im Zeichen des Stellvertreterzaubers in eine Debatte um die Bilder der funktionellen Hirnbildgebung. Die Kontroverse dient Borck als Ausgangspunkt für einen Streifzug durch verschiedene epistemologische Positionen des 20. Jahrhunderts, die Licht auf die Voraussetzungen der neurowissenschaftlichen Visualisierungskultur werfen. Er endet mit einem Plädoyer für einen ‹depotenzierenden Umgang mit Hirnbildern›. Damit ist eben kein Ikonoklasmus gemeint, der mit dem Gestus der Überlegenheit die Bilder verwirft, sondern eine kollektive Auseinandersetzung mit den neurowissenschaftlichen Bildwelten, die sich verschiedener, auch künstlerischer Verfahren bedient um die kontroversiellen und dynamisierenden Potentiale der Bilder zu nutzen.