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Ein Zeichen wolle sie setzen, gegen eine Gesellschaft dominiert von Gewalt, Rassismus, Sexismus, sexueller Belästigung und Heuchelei, schreibt Elmahdy als Erklärung zu ihrem Blogeintrag unter ihrem Facebook-Profil [2]. Unter den Bildern ist folgendes zu lesen: «Put on trial the artists' models who posed nude for art schools until the early 70s, hide the art books and destroy the nude statues of antiquity, then undress and stand before a mirror and burn your bodies that you despise to forever rid yourselves of your sexual hangups before you direct your humiliation and chauvinism and dare to try to deny me my freedom of expression.» [3] Elmahdy stellt damit einen direkten Zusammenhang her zwischen der auf ihrem Blog erschienenen Bilderfolge und einem Recht auf freie Rede, zwischen nackten Körpern und einem demokratischen Verständnis von Freiheit. Aber es gibt darüber hinaus für Elmahdy auch eine Beziehung zwischen Freiheit, Kunst und Nacktheit.

Der Blogeintrag, in dem die Bilderfolge zu sehen ist, stammt vom 23.Oktober 2011 und trägt den Titel «fan a’ry» (arabisch für «nude art»). Besonders die beiden Bilder von Magda Elmahdy stehen dabei in einem unauflöslichen Zusammenhang und vermitteln für sich allein nur eine unvollständige Botschaft. Offensichtlich sind die mit den Zensurbalken versehenen Bilder ein Hinweis auf den Zensurwahn einer von ihr als paternalistisch wahrgenommenen Gesellschaft, «where women are nothing but sex objects harassed on a daily basis by men who know nothing about sex or the importance of a woman.» Das grössere Einzelbild, wiederum, ist in seinem Verzicht auf Zensur der bildliche Ausdruck dessen, dass sie sich nicht schäme, in einer solchen Gesellschaft eine Frau zu sein und dies auch zu zeigen. Im Kontext der übrigen Nacktfotos, jedoch, scheint die subversive Kraft des Einzelbildes abgeschwächt. Vielmehr erzeugt der Kontext eine Normalität der Exposition von nackten Körpern und normalisiert damit auch das Foto Elmahdys. Während Elmahdy ihre Bilder als «screams against a society of violence, racism, sexism, sexual harassment and hypocrisy» [4] bezeichnet, scheint die gesamte Bilderfolge auch ein globales Bewusstsein anzusprechen, in dem das Recht auf Nacktheit als universelles Gut angezeigt wird.

Trotz der Sprengkraft von Elmahdys Blogeintrag entzündete sich die Kontroverse um die künstlerisch entfremdeten Aktfotos erst knapp einen Monat später. Ein Freund von Elmahdy soll sie gebeten haben, das Foto über Twitter verbreiten zu dürfen, nachdem es von ihrem Facebook-Profil entfernt worden war. Hatte der Blogeintrag bis dahin recht wenig Aufmerksamkeit erregt, so sorgte der Tweet mit dem Hashtag #nudephotorevolutionary für einen Sturm der Entrüstung.

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