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Platon indes wollte mit seinem Bildwitz das Gegenteil bewirken und ihn benützen, um die Einseitigkeit einer bestimmten Art von Bild hervorzukehren. Ähnlich ging ein französischer Kunstkritiker (E. Porcheron) vor, der sich angesichts einer Bügelnden Frau von Edgar Degas weigerte, einen verschatteten Körper als solchen zu erkennen, und vorgab, stattdessen eine geschwärzte, mit Kohlenstaub bedeckte Figur zu sehen. [4]

Tatsächlich hatte Degas ein kritisches Bild geschaffen. Selbst ein Betrachter, der, wie es wohl nahe liegt, im betreffenden Gemälde die Darstellung einer Gegenlichtsituation erkennt, sieht sich mit dem Paradoxon konfrontiert, dass die dunkle Farbe die Figur nur darstellt, um ihre Züge im selben Moment auszulöschen. In eben dem Maße jedoch, wie die Evidenz der dargestellten Figur fragwürdig wird, tritt diese dunkle Farbe in ihrer Materialität – als Pigment auf der Malfläche – hervor und gewinnt eine eigene Form von nicht-mimetischer Evidenz. Genau diesen nicht-mimetischen Aspekt des dunklen Pigments nahm der Kritiker aufs Korn, und indem er ihn auf die andere, mimetische Seite des Bildes hinüberschob, kam er bei der Vorstellung einer verschmutzen Figur an.

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