Es betraf den Stand der theoretischen Reflexion der Disziplin und noch mehr die Frage, wie sich «Kunstgeschichte im interdisziplinären Zusammenhang» verorten sollte. [2] Der Begriff Kunstgeschichtswissenschaft war mit Bedacht gewählt und hatte durchaus paradigmatischen Charakter, betraf er doch den Spagat einer Disziplin, die sowohl historische als auch systematische Ziele verfolgt.
Die Herausforderungen, sich den eigenen (wissenschafts–) theoretischen Prämissen angesichts eines interdisziplinären Imperativs zu stellen, sind für die Kunstgeschichte seither kontinuierlich gewachsen und seit dem Iconic Turn nochmals exponentiell angestiegen. Schliesslich sind am ‹Unternehmen Bild› diverse Disziplinen beteiligt. Im Austausch mit unterschiedlichsten Fächern hat sich an der Bilderfrage innerhalb des Fachs Kunstgeschichte eine Theoriedynamik entfacht, angesichts derer man getrost feststellen darf, dass es um die Theoriebildung des Faches nicht mehr so schlecht bestellt ist, wie Dittmann das noch vor über 30 Jahren beanstandete.
Vom Stand dieser Diskussion, die sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten entwickelt hat, zeugen unzählige Beiträge zu theoretisch-methodischen Fragen, für die nun immer öfter auch versucht wird, Summen zu ziehen. Solche Theoriesummen liegen vermehrt nicht nur in synoptischen Quelleneditionen und einführenden Handbüchern, sondern auch insbesondere in Form von griffigen Lexika und Handwörterbüchern vor.
Es wäre zu einfach, die Konjunktur dieser Publikationsformen damit zu erklären, dass sie auf einen Bedarf an schnellem Zugriff auf die angewachsenen Theoriebestände des Fachs reagieren und dass sie in fast logischer Konsequenz aus jenem Boden spriessen, den der Bolognaprozess bereitet hat und den nicht zuletzt geschäftstüchtige Verlage zu bestellen wissen. Vielmehr manifestiert sich in ihnen auch ein Orientierungsbedarf einer ‹Wissenschaft der Kunst› im ‹Zeitalter der Bilder›. Diese Ära hat eine Theorieflut hervorgebracht hat, die eine produktive Revision des eigenen kunsttheoretischen Begriffshaushalts notwendig werden liess. Wenn die von Dittmann für die Kunstgeschichte geforderte «durchgearbeitete Wissenschaftstheorie» in ihrem umfassenden und positivistischen Anspruch gewiss streng genommen ein utopisches Ideal ist, so zeigt sich in den jüngeren systematisierenden Publikationen doch zumindest das Desiderat eines methodischen Kanons, der sich in Begriffsformationen sedimentiert. Darin äussert sich also auch der Wunsch, disziplinäre Identifikation zu stiften, die Manchem angesichts der ‹Erweiterung der Gegenstände› diffus geworden scheint.