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Wie sehr Pfisterers Band das Format eines Lexikons überschreitet und zu einer Programmschrift gerät, wird am Ende des Begriffsalphabets am deutlichsten. Der letzte Eintrag ist der Zukunft gewidmet, deren Bild Whitney Davis unter dem Lemma «Zukunft der Kunstgeschichte» entwirft. [8] In Davis’ subjektivem Zukunftsentwurf wird nicht nur die Historisierung des Sehens ins Zentrum gerückt, sondern damit verbunden das Verhältnis von Bild und Kunst zur zentralen Fragestellung erklärt: «Anders gesagt, das durch Folge und Wiederholung rückgekoppelte Verhältnis von Kunst und Bild – jene grundsätzliche Behauptung der Kunstgeschichte – ist nicht ihre Methode oder Theorie, sondern ihr Forschungsgegenstand.» (501f). So sympathisch Davis’ Hinweis auf den (zu historisierenden) Akt des Sehens als zentrale Kategorie für dieses Rückkoppelungsverhältnis ist, so skeptisch macht hier der Hinweis auf Onians’ Neurorarthistory – wie zuvor bereits das Lemma zu «Neuronalen Kunst- und Bildwissenschaften». [9]

Wenn dieser Zukunftsentwurf «die umfassende Erforschung des Visuellen nicht ohne Kunstgeschichte» (501) postuliert und darauf abzielt, das Fach «als geisteswissenschaftliche Disziplin» (501) zu bestärken, kauft man sich mit der Erweiterung hin zu Neurophysiologie im Gewand einer Neuroästhetik ein massives Problem ein. Denn mit einer solchen Hybridisierung der Kunstgeschichte hin zu einer experimentell-verfahrenden Naturwissenschaft wäre der Status der Kunstgeschichte als Geisteswissenschaft im Handstreich prekär geworden. Ob sich hier das Bild der Kunstgeschichte als einer ‹angewandten Geisteswissenschaft› abzeichnet, sei einmal dahingestellt – ein wünschenswertes Szenario kann dies nicht sein. Denn egal welchen Titel man dem Fach geben mag, der Status einer Geisteswissenschaft ist wohl unumstritten.

4. Kunstwissenschaft und das Problem mit den Begriffen: Dingwissenschaft und Kunsttheorie

Der Pate für den Metzler-Band ist leicht ausgemacht: Es handelt sich selbstverständlich um Erwin Panofsky. Nicht nur weil er im Vorwort als solcher benannt wird und eine nicht zuletzt von ihm mitgeprägte Diskussion um «Kunstwissenschaft» weitergeführt werden soll. Auch ein Blick ins Namensregister zeigt, dass er nicht nur ideell, sondern allein schon durch die zahlenmässige Spitzenposition die Inhalte des Lexikons auch ganz konkret mitbestimmt, und die Kontur des Fachs gerade unter interdisziplinären Vorzeichen nach wie vor zu beherrschen scheint. Das hier also eine Programmschrift im Sinne Panofskys entstanden ist, mag freilich auch aus der Hamburger Schulung des Herausgebers resultieren. Nur am Rande sei bemerkt, dass Pfisterer nebenbei die Herkulesarbeit gelingt, jenes «Begriffslexikon[s] für unser Fach» (VIII) zu liefern, das Panofsky 1934 in einem Brief an Alfred Barr noch schmerzlich vermisste.

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