Petry, Die Entgrenzung JHWHs (Anm. 13), S. 3.
Robert Karl Gnuse, No Other Gods. Emergent Monotheism in Israel, JSOT, Sheffield 1997, S. 215.
Assmann, Moses der Ägypter (Anm. 26), S. 19.
Vgl. die Diskussion des Forschungsstandes bei Bernett, Der Kaiserkult in Judäa (Anm. 1), S. 7-16.
Das römische Religionsverständnis hat sich vor dem Hintergrund eines genuin polytheistischen Umfelds ausgeprägt – der Monotheismus bleibt, zumindest für die Antike, «der Sonderfall der Religionsgeschichte» [39]. «Polytheism is natural. People who lived surrounded by the diverse forces of nature could be affected to affirm polytheism. It expresses the natural diversity of reality quite well, and enables to cope with the individual expression of nature by making each one a god.» [40] In der Diversität einer elementaren Welterfahrung ist die Übersetzbarkeit der antiken, polytheistischen Religionen begründet, die Assmann pointiert bestimmt hat: «Die Gottheiten waren international, weil sie kosmisch waren. Die verschiedenen Völker verehrten verschiedene Götter, aber niemand bestritt die Wirklichkeit fremder Götter und die Legitimität fremder Formen ihrer Verehrung. Den antiken Polytheismen war der Begriff einer unwahren Religion vollkommen fremd. Die Götter fremder Religionen galten nicht als falsch oder fiktiv, sondern in vielen Fällen als die eigenen Götter unter anderem Namen.» [41]
Als polytheistische Religion ließ sich das römische Pantheon problemlos durch fremde Götter erweitern. [42] Mehr noch: Im Laufe des ersten Jahrhunderts v. Chr. kam es immer mehr zu synkretistischen Verwischungen und Verschleifungen von römischen, hellenistischen und anderen paganen Religionspraktiken, so dass der Begriff «römische Religion» spätestens seit dem Principat das Religionswesen des römischen Reiches nur noch unzureichend zu fassen vermag [43]. Vielleicht ist es das zutreffendste, «römische Religion» für die Zeit des Principats als Staatskult zu definieren und dies in einigem Abstand zu privater Frömmigkeit zu tun. Denn im privaten Bereich vermochten die traditionellen Kulte die religiösen Bedürfnisse des einzelnen nicht mehr zu befriedigen; dies äußert sich im Einfluss des stoischen Denkens, vor allem aber im massiven Zulauf, den die Mysterien-Kulte dann vor allem ab dem 1. Jh. n. Chr. erhielten, der sich durchaus als Reaktion auf den hereditären politischen Charakter der römischen Staatsreligion verstehen lässt – als eine Art affirmativer Negation.
3. Die republikanische Maske
Durch das Principat erfährt der römische Staatskult eine signifikante Erweiterung: die Institutionalisierung der Herrscherverehrung in Form des Kaiserkults. Die Praxis der Herrscherverehrung wurzelt tief im hellenistischen Osten [44] und nach der Etablierung der Alleinherrschaft durch Augustus wird sie in den römischen Staatskult integriert. Es gibt eine breit geführte Debatte darüber, ob es überhaupt zulässig ist, vom Kaiserkult als einem religiösen Phänomen zu sprechen, oder ob er sich nicht in seiner rein politischen Funktion erschöpft, als Akt der Loyalitätsbekundung der Vasallen Roms gegenüber der Obermacht. [45]