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Als würden sie durch die Explosion aufgeschreckt, erheben sich die beiden im Hintergrund aufragenden Akroterien, die Rossebändiger des Bildhauers Tieck auf dem Dach des Alten Museums und bäumen sich förmlich auf gegen die drohende Lädierung des Lustgartens, gegen Wilhelms inflationäre Kirchenkasernen-Politik, die, einem obskuren Wiederholungszwang folgend, wie ein zweite Missionierungswelle über Preußen hinwegfegt.

«Der Kaiser war zur Zeit des Zusammensturzes vom Schloß abwesend und er war nicht wenig erstaunt, als er, mit der Kaiserin von einer Ausfahrt zurückkehrend, den alten Dom in Trümmern fand», – fast glaubt man, er sei über die Tatsache der von ihm betriebene Zerstörung irritiert und er äussert noch befriedigt, dass «die Angelegenheit ohne Unfall erledigt worden sei».

Eine Säule aus dem Mittelschiff und zwei Knospenkapitelle haben die Sprengung überlebt – jene steht solitär, beziehungslos und verwaist noch heute auf dem Gelände der Technischen Universität, diese wurden, wie zum Hohn auf den Gestalter des Alten Doms, vor dem Schinkel-Pavillon am Schloss Charlottenburg in den Boden gerammt: Blinde Spolien, über welche die Zeit und die Erinnerung hinweggegangen sind.

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